BRÜSSEL. Der frühere luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker ist neuer Präsident der EU-Kommission. Der 59jährige erhielt am Dienstag mit 422 Stimmen die absolute Mehrheit. 250 Abgeordnete stimmten gegen ihn. 47 Abgeordnete enthielten sich der Abstimmung, 10 Stimmen waren ungültig.
In seiner Bewerbungsrede verteidigte Juncker die Euro-Politik der EU. Die Gemeinschaftswährung habe die EU nicht gespalten, sondern geschützt. Ziel seiner Präsidentschaft sei es, die Bürger wieder für die Staatengemeinschaft zu begeistern. „Wir brauchen einen Neuanfang“, forderte Juncker. Zugleich warnte er vor „nationalistischen Tendenzen“ in den Mitgliedsstaaten. Nationalismus führe immer zu Krieg, betonte der Luxemburger. In der Vergangenheit hatte er Deutschland immer wieder aufgefordert, in der Euro-Krise mehr finanzielle Verantwortung zu übernehmen.
Farage zieht Sowjet-Vergleich
Die eurokritische Alternative für Deutschland (AfD) hatte bereits im Vorfeld der Abstimmung angekündigt, gegen Juncker zu votieren. „Ich konnte kaum glauben, wie der Kandidat für ein solches Amt die Realität wirtschaftlichen Siechtums, Massenarbeitslosigkeit und schrumpfender Wettbewerbsfähigkeit in der Eurozone durch die Wiederholung altbekannter europhorischer Schlagworte verdrängte“, kritisierte der stellvertretende Parteichef Hans-Olaf Henkel.
Nach dessen Bewerbungsrede habe er den Eindruck gewonnen, Juncker sei „Sozialdemokrat, Grüner, Christdemokrat und Liberaler in einer Person“, unterstrich Henkel. Auch der britische EU-Kritiker Nigel Farage griff Juncker an. Die Abstimmung über nur einen Kandidaten verglich der Chef der UKIP mit den Wahlen in der ehemaligen Sowjetunion. Die geheime Wahl sei eine „Beleidigung der Wähler“. Farage versprach, sich auch weiterhin gegen eine weitere Zentralisierung der EU einzusetzen.
Briten mit neuem EU-kritischen Außenminister
Unterdessen wurde bekannt, daß der britische Premierminister den EU-kritischen Politiker Philip Hammond zum neuen Außenminister ernannt hat. Der Zeitpunkt dürfte nicht zufällig gewählt sein. Cameron hatte in den vergangenen Wochen versucht, Juncker als Kommissionschef zu verhindern. Dieser sei „ein Mann des alten Europas“, ätzte der Regierungschef. Am Ende konnte sich Cameron jedoch nicht durchsetzen. (ho)