ANKARA. In der Türkei sorgt ein Gesetzesentwurf aus Regierungskreisen für Aufsehen, der eine weitreichende Unabhängigkeit des Direktorats für religiöse Angelegenheiten vom Staat vorsieht. Kritiker sehen in den Plänen einen wesentlichen Schritt hin zur Errichtung eines Gottesstaates.
Der Entwurf sieht vor, daß der Vorsitzende des Direktorats nicht mehr vom Staat ernannt, sondern von den mehr als hunderttausend türkischen Imamen gewählt wird. Diese sollen frei predigen dürfen und auch eine teilweise Immunität erhalten.
Religionsbehörde predige nicht „wahren Islam“
„Gegenwärtig erhalten alle Imame eine zentral redigierte Freitagspredigt“, wird der Vorsitzende der Imam-Vereinigung Din-Bir-Sen von der Welt zitiert. „Geistliche können in religiösen Dingen nicht die Wahrheit sagen.“ Der „wahre Islam“ sei dies nicht.
Auch sieht der Entwurf mehr Geld für die Imame vor. Zahlreiche illegale Koranschulen, die erst durch die jetzt amtierende Regierungspartei AKP legalisiert wurden, sollen dann staatlich finanziert werden.
Der Kemalismus, auf dem der türkische Staat beruht, sieht dagegen einen strikten Laizismus und eine strenge Kontrolle der islamischen Religion vor. Damit sollten die durch Kemal Atatürk initiierten Gesellschaftsreformen sichergestellt werden. (FA)