Die Macht der nationalkonservativen Fidesz von Ungarns Premier Viktor Orban – der vielleicht konservativsten aller bürgerlichen Parteien in der EU – ist derzeit fast unbegrenzt. Orban verfügt seit dem „Rechtsrutsch an der Donau“ bei den Wahlen im April über eine parlamentarische Zweidrittelmehrheit. Somit war klar, daß das Präsidentenamt einem Fidesz-Kandidaten zufallen wird: Der neue Präsident heißt Pál Schmitt und ersetzt am 5. August den parteilosen Christdemokraten László Sólyom.
Hinter dem neuen Namen versteckt sich eine deutsche Abstammung – die für Schmitt jedoch keine Rolle spielt. Der 68jährige Rechtskonservative gilt seit 2003 als Weggefährte Orbans. Davor war er ungarischer Parlamentspräsidenten. Der Weg dorthin führte über die Diplomatie. Schmitt war von 1993 bis 1998 Botschafter in Spanien und in der Schweiz. 2002 erfolgte eine Kandidatur für das Amt des Budapester Oberbürgermeisters. Er unterlag jedoch als parteiunabhängiger Kandidat der Konservativen. Enttäuscht trat er der Fidesz bei. 2004 zog er ins Europäische Parlament ein, das er 2009 als stellvertretenden Parlamentspräsident leitete.
Schmitts präsidiales Amtsverständnis ist wenig spektakulär. Er will „von jeder Partei das Beste“ aufgreifen und sich betont parteilos geben. Ungarn wird unter Schmitt jedenfalls keine aktive Präsidentschaft erleben. Das politische Tagesgeschäft liegt beim Regierungschef. Die Rollenverteilung erinnert an russische Verhältnisse. Schmitt akzeptiert die Spielregeln und ließ nach der Wahl keine Zweifel darüber aufkommen: Der promovierte Ökonom wird nach eigenen Worten keinesfalls das politische „Gegengewicht“ zu Regierung sein.
Politisches Klima im Land entschärfen
Das sei schließlich die Aufgabe der Opposition. Er werde eher versuchen, in der Parteienlandschaft für einen „Ausgleich“ zu sorgen, um das politische Klima im Land zu entschärfen. Hier dringt der gelernte Diplomat durch. Und genau das braucht Orban im Präsidentensessel: einen international anerkannten Diplomaten zur Repräsentation der stolzen ungarischen Nation.
Ungarns neues Staatsoberhaupt will zudem den Kontakt zum Volk suchen und das erwartet einen volksnahen Präsidenten. Die Chemie scheint zu stimmen: Das Vergnügen, im Volk zu baden, ist Schmitt nicht neu. Er kennt als ehemaliger Leistungssportler das Gefühl der Popularität: Der dreifache Familienvater war zwischen 1955 und 1977 Degenfechter.
Im Mannschaftswettbewerb errang der zweifache ungarische Einzelmeister bei den Sommerolympiaden 1968 und 1972 Gold. Der Absolvent der Karl-Marx-Wirtschaftsuniversität in Budapest blieb auch nach der aktiven Laufbahn dem Sport treu. 1986 wurde er Generalsekretär des Ungarischen Olympischen Komitees, das er seit 1989 als Präsident führt. Seit 1995 ist er zudem führendes Mitglied des IOC. Vom Sport blieb auch das private Glück bestimmt. Der gebürtige Budapester ist mit der ehemaligen ungarischen Turnerin Katalin Makray verheiratet.