Folgt man Medienberichten über Südafrika, besticht das Land der Fußball-WM 2010 vor allem mit seinen paradiesischen Landschaften und seinem Ruf als stärkste Industrienation des schwarzen Kontinents – und über allem schwebt das Bild des Friedensnobelpreisträgers Nelson Mandela, der gütig lächelt. Die andere Seite Südafrikas ist dagegen weniger präsent: tatsächlicher wirtschaftlicher Abstieg, die höchste Mord- und Vergewaltigungsrate der Welt und latente Rassenspannungen.
Ein Mann, der diese Probleme für seinen politischen Aufstieg zu nutzen weiß, ist der radikale Jugendführer des ANC, Julius Malema. 1981 geboren, wuchs der Bantu im Armenviertel von Seshego im Nordosten des Landes auf und schloß sich schon mit neun Jahren dem Afrikanischen Nationalkongreß an. 2008 stieg er zu dessen Jugendführer auf, inzwischen gilt er als wichtiger Verbündeter des ANC-Chefs und amtierenden Staatspräsidenten Jacob Zuma.
Während des Präsidentschaftswahlkampfes 2009 gab Malema ein radikales Bekenntnis zu Zuma ab, als der Zulu durch seinen polygamen Lebenswandel und diverse Gerichtsverfahren in der Defensive geriet: „Wir sind bereit, für Zuma zu sterben! Wir stehen bereit, zu den Waffen zu greifen und für Zuma zu töten!“ Spätestens seitdem ist klar: Malema ist im ANC für die radikalen Töne zuständig, gerne auch in Form von Traditionsliedern wie „Kill the Boer“ aus der Kampfzeit seiner Partei.
Forderung nach Zwangsenteignung von Farmern
Ob damit nun die Farmer gemeint sind oder direkt die Buren als Volksgruppe, macht nur wenig Unterschied, sind doch nach wie vor die Mehrzahl der Farmer Weiße. Ein Umstand, den Malema wiederholt zu Lobeshymnen auf den simbabwischen Diktator, Robert Mugabe, und dessen ethno-soziale Säuberungen an den europäischstämmigen Farmern des früheren Rhodesiens nutzte – so auch bei seinem Besuch im Nachbarland in der vergangenen Woche.
Unter den Weißen am Kap wächst die Angst, daß der bereits wegen Volksverhetzung verurteilte Julius Malema der kommende Mann des ANC sein könnte, der mit Hilfe seiner Forderung nach Zwangsenteignung von Farmern und der Verstaatlichung der Minengesellschaften all diejenigen hinter sich sammelt, die nach simplen Lösungen für ihre desaströse ökonomische Lage sowie einem klaren Feindbild suchen und es im „burischen Rassisten-Kapitalisten“ (wieder)finden.
Kritische Fragen, ob Malemas gesungene und gesprochene Tiraden (mit) schuld an der Ermordung Eugène Terre‘Blanches am 3. April sind und die Stimmung im Land weiter aufheizen, tun dem Selbstvertrauen des „zukünftigen Führers Südafrikas“ (Zuma über Malema) keinen Abbruch. Im Wissen um die Popularität seiner Ansichten will er auch weiterhin öffentlich „Kill the Boer“ singen – Proteste des ANC hin oder her, der so kurz vor der WM um das Image des Landes fürchtet. Dafür ist ihm die Zustimmung der Stadien gewiß, denn dort gehört „Kill the Boer“ zu den beliebten Schlachtgesängen.
JF 16/10