BERLIN. Das Verbot der kurdischen Demokratischen Gesellschaftspartei (Demokratik Toplum Partisi, DTP) durch das türkische Verfassungsgericht hat die Chancen der Türkei auf eine Mitgliedschaft in der Europäischen Union offenbar verschlechtert.
So hatte sich bereits am Freitag unmittelbar nach der Urteilsverkündung die schwedische EU-Ratspräsidentschaft „besorgt“ über den Richterspruch geäußert. Ein Sprecher der Europäischen Kommission kritisierte am Montag, die Entscheidung des Gerichts könne für viele türkische Wähler „den Ausschluß vom demokratischen Prozeß bedeuten“.
Der DTP werden enge Kontakte zur verbotenen Kurdischen Arbeiterpartei (PKK) und Verbindungen zu terroristischen Separatisten nachgesagt. Da sie sich als Organisation „nicht ausreichend von der Gewalt distanziert“ habe, mußte sie verboten werden, so die Begründung von Verfassungsgerichtspräsident Haşim Kılıç.
„Lange Geschichte der Unterdrückung demokratischer Bewegungen“
Die Partei plant nun, vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen ihr Verbot zu klagen. Die Klageschrift werde man aber erst einreichen, sobald das Verbot im Staatsanzeiger offiziell abgedruckt ist, sagte der DTP-Vorsitzende Ahmet Türk in Ankara.
Die Bundesvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen, Claudia Roth, kritisierte, das Parteiverbot werde „den innertürkischen Dialogprozeß mit der kurdischen Minderheit torpedieren“. Die „verheerende Tradition“ von Parteienverboten in der Türkei fortzusetzen sei politisch falsch, anachronistisch und unterlaufe alle Bemühungen, wahre Rechtsstaatlichkeit in der Türkei herzustellen.
Auch der Vorstand der Linkspartei hat am Montag seine Solidarität mit der DTP bekundet. Die Entscheidung des türkischen Verfassungsgerichts reihe sich in „eine lange Geschichte der Unterdrückung demokratischer Bewegungen“ in dem Land ein.
Gleichzeitig habe sich die Türkei mit dem Verbot der DTP „eines demokratisch legitimierten Verhandlungspartners auf kurdischer Seite beraubt“ und damit die Chance für eine friedliche Lösung des Kurdenkonflikts vertan. (vo)