Herr Wansner, „der will wohl als Märtyrer sterben“, kommentierte der Berliner Grünen-Abgeordnete Benedikt Lux Ihr Vorhaben, am 1. Mai mit einem CDU-Info-Stand in Kreuzberg Flagge zu zeigen.
Wansner: Erst hat man versucht, uns mit dem Argument fernzuhalten, wir würden nicht in das Konzept des „Myfest“ passen, wo später die Gewalt eskalierte. Dann untersagte uns die Polizei die Teilnahme, weil sie unsere Sicherheit nicht garantieren könne. Also planten wir statt eines Info-Standes eine Demonstration gegen linksextreme Gewalt, die nicht so einfach hätte verboten werden können. Aber als sich die anonymen Anrufe mehrten, in denen meine Mitstreiter und ich an Leib und Leben bedroht wurden, haben wir doch verzichtet.
Eine Erfahrung, die manch konservativer Bürger vom sogenannten „Kampf gegen Rechts“ her kennt.
Wansner: Wir sollten vorsichtig sein, unsere Vergangenheit ist nun mal vom Nationalsozialismus geprägt, und deshalb ist es richtig, wenn wir sehr sensibel auf Rechtsextremismus reagieren. Aber machen wir uns nichts vor, es ist ein Trauerspiel, daß in Berlin der Innensenator lieber einen CDU-Stand verbietet, als Gewalttätern die Stirn zu bieten.
Nach dem Bundestag befaßt sich nun das Berliner Abgeordnetenhaus mit den Vorfällen, im Juni dann die Innenministerkonferenz. Wie lautet Ihre Ursachenanalyse?
Wansner: SPD-Innensenator Ehrhart Körting hat wieder einmal bewiesen, daß er auf dem linken Auge blind ist. Und viele Hauptstadtmedien spielen dabei leider mit. Ja, man muß sagen, Herr Körting hat die linksradikale Gewalt in Berlin regelrecht herangezüchtet.
Inwiefern?
Wansner: Seit seinem Amtsantritt versäumt er es, sie zu bekämpfen: Er tut sogar so, als gäbe es das Wort „linksradikale Gewalt“ nicht, stets ist er bemüht, sie zu bemänteln, kleinzureden oder ganz in Abrede zu stellen. Als etwa in Berlin die bis heute anhaltende Serie von Brandanschlägen auf Autos begonnen hat, erweckte er den Eindruck, als seien das nur Jugendstreiche. Das alles zeigt sein offenbar gestörtes Verhältnis zur Demokratie.
Ein Problem Körtings oder der SPD?
Wansner: Diese Vorwürfe auf die ganze SPD auszuweiten, wäre wohl ungerecht. Der Punkt ist, daß Herr Körting ganz offensichtlich nie bereit war, in sein Amt hineinzuwachsen, sondern statt dessen seinem politischen Herkommen verhaftet bleibt: der linken Szene. Wir fordern, der Mann muß zurücktreten!
Sie tun, als hätten Klaus Wowereit und die Hauptstadt-SPD keinerlei Einfluß auf Körting. Offenbar billigen diese seine Amtsführung doch.
Wansner: Sprechen wir Klartext: Wenn an einer Regierung die Linke beteiligt ist, dann sitzt die linksradikale Szene doch mit am Regierungstisch. Die Linke ist, trotz gegenteiliger Beteuerungen, eine linksradikale Partei. Aber wo war denn der öffentliche Aufschrei, als 2001 in Berlin wieder Kommunisten an die Macht gekommen sind?
Wenn die Hauptstadt-SPD die Verhältnisse in ihrer Koalition derartig entgleisen läßt, wäre nicht längst ein Machtwort der Bundes-SPD fällig?
Wansner: Natürlich würde man sich wünschen, daß die Bundes-SPD in der Sache mehr Flagge zeigt. Aber die wissen auch, daß die SPD in Berlin links ist. Manchmal kann man ja regelrecht den Eindruck gewinnen, daß man dort ob der Gewalt sogar etwas Schadenfreude empfindet. Wenn ich die Diskussionen bei der Berliner SPD verfolge, zweifle ich manchmal daran, ob die Partei wirklich noch an ihren demokratischen Wurzeln hängt.
Müßte Angela Merkel die Bundes-SPD nicht drängen, in ihrer Berliner Gliederung für Ordnung zu sorgen?
Wansner: Bei der Debatte im Bundestag letzte Woche haben die Sprecher der CDU/CSU einhellig die Verhältnisse in Berlin verurteilt. Und sicher sieht das Angela Merkel genauso. Ich finde, da ist meine Partei konsequent.
Würde ein Innensenator sich so gegenüber rechtsextremer Gewalt verhalten, Frau Merkel würde es sich wohl nicht nehmen lassen, sich persönlich zu äußern.
Wansner: Die CDU hat sich schon immer gegen jede Form von Extremismus gewandt, egal ob links oder rechts.
Nun haben Sie einen „Runden Tisch gegen linke Gewalt“ gefordert.
Wansner: Ja, denn was die Gewalt von links angeht, müssen wir unser Bewußtsein noch schärfen. Viele, die da bislang skeptisch waren, werden nach diesem 1. Mai einsichtiger sein, auch wenn es für die Linke selbst wohl noch ein weiter Weg ist. Die CDU hilft ihnen dabei aber gerne weiter.
Kurt Wansner, 61, ist Mitglied des CDU-Fraktionsvorstands im Berliner Abgeordnetenhaus.
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