Noch immer kämpfen die Opfer der politischen Verfolgung in der einstigen sowjetisch besetzten Zone Deutschlands (SBZ 1945 bis 1949) um ihre Rehabilitierung. Einen Anspruch darauf und auf Wiedergutmachung hat, wer damals politisch verfolgt worden ist, sei es durch Willkür im Einzelfall, sei es durch Willkür wegen bloßer Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe wie selbständige Unternehmer, Industrielle oder Großlandwirte („Junker“ und nichtadlige Gutsbesitzer mit 100 Hektar und mehr), und wer dabei (zum Beispiel durch Vertreiben, Verschleppen, Haft, Schaden an Leib und Leben, Hungertod im Lager, Erschießen) in seiner Menschenwürde verletzt wurde.
Da alle Opfer als Nebenfolge solcher personenbezogenen Unrechtsakte regelmäßig ihres Vermögens beraubt wurden, ist die natürliche Folge der Rehabilitierung, daß sie auch ihr Vermögen zurückerhalten, soweit es noch verfügbar ist. Wenn nicht, müssen sie gleichwertig entschädigt werden müssen. Gegen diese Folge wehren sich die Politiker, und die Gerichte machen bei diesem Widerstand mit, obwohl die gesetzlichen Regelungen Rehabilitierung und Wiedergutmachung gebieten.
Die Verfolgung selbständiger Unternehmer und Industrieller wird noch immer als „sozialistische Industriereform“ verharmlost, die Verfolgung der Großlandwirte als „sozialistische Bodenreform“. In Wirklichkeit war beides brutaler Klassenkampf mit grob rechtsstaatswidrigen Menschenrechtsverletzungen. Die rechtlichen Auseinandersetzungen der Opfer vor Behörden und Gerichten waren und sind überaus teuer und demütigend. Dort aber erfuhren die Opfer nie, nach welcher Vorschrift sie das begehrte Recht bekommen können, sondern mußten sich immer wieder nur anhören, wonach sie es nicht bekommen; die zu ihren Gunsten bestehende, freilich sehr verklausulierte Rechtslage wurde geradezu vernebelt – befördert zudem von einem entschiedenen Willen, diese auch gar nicht aufzuspüren und zugunsten des Fiskus alle Ansprüche abzuwehren.
Verfolgungsbedingte Vermögensverluste sind etwas ganz anderes als zwar ebenfalls rechtswidrige, aber reine Vermögensverluste (zum Beispiel solche durch Enteignung), die das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen erfaßt und daher auch anders zu behandeln sind. Die einen sind durch personenbezogenes Verfolgungsunrecht entstanden, die anderen durch objektbezogenes Vermögensunrecht. Zwischen diesen zwei Arten von Vermögensentziehungen unterscheiden die einschlägigen Gesetze daher auch. Für die erste Gruppe sind demgemäß die Rehabilitierungsgesetze zuständig, für die zweite das Gesetz zur Regelung offener Vermögensfragen (Vermögensgesetz). In Kurzform: Das Vermögensgesetz regelt das Vermögensunrecht, das jeweilige Rehabilitierungsgesetz das Verfolgungsunrecht. Ebendies hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil unmißverständlich klargestellt.
Allerdings haben höchstrichterliche andere Urteile (Bundesverwaltungs- und Bundesverfassungsgericht) den Weg zur Rehabilitierung über das Verwaltungsrechtliche Rehabilitierungsgesetz (VwRehaG) inzwischen versperrt, wenn auch mit windigen, höchst umstrittenen Begründungen. Darauf hat der Münchner Rechtsanwalt Johannes Wasmuth auf dem 13. Bundeskongreß der Aktionsgemeinschaft Recht und Eigentum (ARE) am vergangenen Wochenende im hessischen Borken hingewiesen. Deshalb könne man jetzt nur noch mit Hilfe des Strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetzes (StrehaG) gegen das Unrecht vorgehen. Aber dieses Unrecht werde von der Rechtsprechung völlig verharmlost: Wohl sei es Unrecht, aber nur eine sozialistisch bedingte Umgestaltung der Eigentumsverhältnisse im rein wirtschaftlichen Bereich, keine politische Verfolgung mit schwersten Menschenrechtsverletzungen. Daher seien auch die StrehaG-Anträge auf Rehabilitierung bisher abgelehnt worden. Wasmuth legte dar, daß die Gerichte ihre Verharmlosung und Ablehnung mit falschen Tatsachen begründen und ihre Urteile daher mittels Revision angreifbar sind. Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, wenn ein Gericht aufgrund falscher Tatsachen entscheide, sei das Urteil willkürlich und nicht haltbar.
Im Fall der „Industriereform“-Opfer hat Wasmuth mit seinen Helfern vor dem Landgericht Dresden ein Muster-Revisionsverfahren laufen. Der umfangreiche Schriftsatz legt derart zwingende Tatsachen und Begründungen vor, daß sich das Gericht seit Jahren um die Entscheidung zugunsten der längst fälligen Rehabilitierung herumdrückt. Schwieriger, aber trotzdem gangbar nennt Wasmuth das Vorgehen gegen Gerichtsurteile im Fall der „Bodenreform“-Opfer. Hier nämlich sei noch nicht genau genug untersucht, ob die „Bodenreform“ vor allem eine Strafmaßnahme gegen die Opfer gewesen sei, was sich nach Wasmuth aber durchaus belegen läßt.
Zum Vorgehen verweist Wasmuth darauf, daß die Gerichte zur Sachverhaltsermittlung von Amts wegen verpflichtet sind. Dieser Verpflichtung kämen sie aber erst dann nach, wenn man ihnen dazu möglichst umfassend die Anhaltspunkte liefere. Man müsse also vortragen – und beweisen –, daß hier eine politische Verfolgung vorliege. Dies sei – außer in dem Musterverfahren vor dem Landgericht Dresden – flächendeckend bisher nicht geschehen. Wie das zu tun sei, führte Wasmuth im einzelnen vor. Entscheidend sei, die Gerichte müßten endlich vernünftig ermitteln. Zugleich appellierte er, in der Medienberichterstattung die Aufarbeitung zu fordern und die wesentlichen gerichtlichen Fehlentscheidungen klarzulegen. In der öffentlichen Darstellung müsse den Gerichten vorgeworfen werden: „Ihr verharmlost kommunistisches Unrecht.“
Weitere Informationen im Internet unter www.are-org.de
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