Es ist selten, aber immer wieder gelingt es hier und da doch. Dann nämlich muß der deutsche Fiskus wieder herausgeben, was er sich 1990 mit der Wiedervereinigung angeeignet hat, obwohl es ihm nicht gehörte und zustand: Liegenschaften privater Eigentümer, die diesen während der sowjetischen Besatzungszeit 1945 bis 1949 im Wege der politischen Verfolgung entzogen worden sind. Eine solche Rückgabe ist auch kürzlich wieder erstritten worden. Das brandenburgische Amt zur Regelung offener Vermögensfragen sah sich durch das Verwaltungsgericht Potsdam genötigt, ein Grundstück in Neuruppin an den früheren Eigentümer zurückzugeben, da sich dieses noch in öffentlicher Hand befand (Aktenzeichen 6 K 628/05). Auf die Rückgabe der anderen neun Grundstücke, die schon seit der DDR-Zeit in privater Hand waren, hat der Kläger verzichtet, um die dort lebenden Menschen zu schonen. Der Eigentümer, eine Bauträgerfirma, hatte damals eine Vielzahl großer Wohnhaussiedlungen besessen. Eine davon lag in Neuruppin und bestand aus zehn Grundstücken, bebaut mit jeweils einem Ein-Familien-Haus. Wie in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) üblich, war auch dieser Eigentümer Opfer der überaus vielen Fälle von politischer Verfolgung geworden, die als Nebenfolge zur Entziehung des Vermögens führte. Das Vermögensamt hatte die Rückgabe abgelehnt. Doch als das Gericht ihm in der mündlichen Verhandlung drohte, den Ablehnungsbescheid kostenpflichtig aufzuheben, entschloß sich das Amt zur Rückgabe ohne Urteil. Entsprechend lenkte auch die am Verfahren beteiligte Stadt Neuruppin ein. Im Verfahren entscheidend war der Befehl Nr. 64 der Sowjetischen Militär-Administration (SMAD). Er verbot ausdrücklich weitere Enteignungen, wenn die zur Enteignung vorgesehenen Vermögenswerte bis zum 18. April 1948 nicht schon beschlagnahmt („sequestriert“) waren. Eine solche Sequestrierung mußte der eigentlichen Enteignung vorausgegangen sein. Fehlte es an der Beschlagnahme bis zu diesem Verbotsdatum, widersprach eine Enteignung nach diesem Datum dem Willen der Besatzungsmacht. Dann besteht ein Rückgabeanspruch, auch wenn die Enteignung noch in der SBZ-Zeit vollzogen wurde. Der anwaltliche Vertreter des Klägers, Stefan von Raumer, verweist hierzu auf eine Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig (BVerwG 8 C 25.05). Auf sie berief sich im Verfahren auch das Verwaltungsgericht Potsdam. Eine Beschlagnahme vor dem fraglichen Datum vermochte das beklagte Vermögensamt nicht nachzuweisen und das Gericht nicht zu recherchieren. Ohnehin war nach Auffassung des Gerichts noch nicht einmal klar, ob die Liegenschaften noch in der SBZ-Zeit entzogen worden sind oder erst in der DDR-Zeit. Das Verfahren zeigt: Auch wenn Immobilien den Eigentümern in der SBZ-Zeit rechtswidrig entzogen wurden und heute noch in öffentlicher Hand sind, besteht in einigen besonderen Fällen immer noch die Möglichkeit, sie zurückzubekommen, obwohl die heutige Rechtsprechung die Rückgabe im Regelfall verweigert. Haben die einstige Treuhandanstalt oder ihre heutigen Ableger wie die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben oder BVVG und TLG die Liegenschaften in der Zwischenzeit veräußert und ist daher eine Rückübertragung nicht mehr möglich, haben die früheren Eigentümer Anspruch auf Erlösauskehr oder Verkehrswertausgleich. Entspricht eine Vermögensentziehung dem damaligen sowjetischen Willen nicht unmittelbar, sieht von Raumer Chancen auf Rückgabe „in nicht wenigen Fällen“. Allerdings hängen die Erfolgsaussichten von einer Vielzahl von Details ab. Auch vor dem Verwaltungsgericht Chemnitz ist es gelungen, eine Rückgabe von Immobilien zu erstreiten, die ebenfalls in der SBZ-Zeit enteignet worden waren (1 K 260/05). Hier ging es um einen Betrieb mit seinen Liegenschaften, die die Wismut GmbH – ein Unternehmen des Bundes in Sachsen und Thüringen – an die Erbengemeinschaft der früheren Eigentümer herausgeben muß. Die Kläger konnten mit ihrem Anwalt von Raumer nachweisen, daß damals deutsche (nicht sowjetische) Stellen den Eigentümern den Betrieb in einem Strafverfahren entzogen haben. Ferner hatte die Rehabilitierungskammer des Bezirksgerichts Leipzig die Opfer, weil unschuldig bestraft, schon am 20. Oktober 1992 rehabilitiert, also noch nach dem Rehabilitierungsgesetz der ersten frei gewählten DDR-Volkskammer, das der Bundestag dann mit Datum vom 20. Oktober 1992 durch das Strafrechtliche Rehabilitierungsgesetz ersetzt hat. Daher hatte das Sächsische Landesvermögensamt die Rückgabe auch zugestanden. Nachdem die Wismut GmbH zunächst erfolgreich gegen den Rückgabebescheid klagte, scheiterte sie jetzt in einem Wiederaufnahmeverfahren vor dem Verwaltungsgericht Chemnitz, weil neue Tatsachen vorlagen, muß die (inzwischen sanierten) Grundstücke herausgeben und vermochte auch nicht, die Erstattung ihrer Sanierungskosten durchzusetzen.
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