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Brandenburg sucht Erben per Zeitungsanzeigen

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Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) zugunsten zweier Erben von sogenanntem Bodenreformland hat einen Schock ausgelöst – vor allem in Brandenburg selbst. Das Land muß nicht nur fiskalisches Beutegut wieder herausgeben, sondern sieht sich auch öffentlich als Rechtsbrecher gebrandmarkt (JF 7/08). Doch auch die anderen vier östlichen Bundesländer haben Tausenden ihrer Bürger Bodenreformland, das diese geerbt haben, wieder weggenommen. Brandenburg bestreitet zwar die Bereicherungsabsicht, gibt sich aber bußfertig und beeilte sich zu handeln. Anfang Februar legte es ein „Fünf-Punkte-Paket“ vor. Erstens wird es seine noch nicht vollzogenen Anträge auf Grundbucheintragung zurücknehmen. Zweitens: Wenn Brandenburg als Eigentümer schon eingetragen ist und die tatsächlichen Eigentümer oder deren Erben noch auftauchen, überträgt es ihnen das Eigentum zurück, und zwar auch dann, wenn sie nicht „besserberechtigt“ sind. Drittens: Tauchen diese nicht auf, wird das Land die Flächen absondern und sie wie ein Treuhänder zugunsten der unbekannten Eigentümer bewirtschaften. Viertens wird das Land in der Regionalpresse Aufrufe veröffentlichen, um bisher übersehene Eigentümer oder deren Erben noch ausfindig zu machen. Fünftens will es zusammen mit dem Justizministerium eine „Arbeitshilfe für die Grundbuchämter“ zum Umgang mit den verschiedenen Fallgestaltungen entwickeln. An sich hätte Brandenburg in dem vom BGH entschiedenen Fall einen Anspruch auf die Grundstücke der beiden Erben dann gehabt, wenn es ihm gelungen wäre, die Erbfolge nach dem Tod ihres Vaters und die fehlende „Zuteilungsfähigkeit“ der Kläger und ihrer Mutter rechtzeitig in Erfahrung zu bringen. Denn nach der (rechtlich und moralisch allerdings fragwürdigen) Gesetzeslage von 1992 galt das Land als „besserberechtigt“ und die Erben als „nicht zuteilungsfähig“. Doch weil ihm das nicht gelang, verfiel es auf den Ausweg, sich selbst zum Vertreter der Eigentümer zu bestellen. Damit aber, so der Vorwurf des Gerichts, habe Brandenburg „die durch Verjährungsbestimmung beabsichtigte Sicherung des Rechtsfriedens“ aushebeln wollen. Weniger betroffen sind wohl die anderen vier Länder. Sachsen hat insgesamt 85.516 Bodenreformvorgänge daraufhin überprüft, ob ein Herausgabeanspruch des Freistaates besteht. Davon wurden 5.276 zugunsten Sachsens entschieden. Zur Suche unbekannter Erben hat das Land eine Firma beauftragt. Um sich den Herausgabeanspruch fristgerecht zu sichern, hat es über die Landkreise oder kreisfreien Städte für die unbekannten Eigentümer Vertreter bestellen lassen. Doch wurde häufig auch der Freistaat selbst als gesetzlicher Vertreter bestellt und ließ sich dann als Eigentümer des Grundstücks eintragen. Den Konflikt zwischen den fiskalischen Interessen einerseits und denen des nicht auffindbaren Eigentümers andererseits, teilt das Finanzministerium mit, sollte eine Garantieerklärung des Landes lösen: Fand sich der Eigentümer letztlich doch noch, sollte das Eigentum „unproblematisch“ zurückübertragen werden. Die Zahl der Vertreterfälle schätzt Sachsen auf 669. Die tatsächliche Zahl der Vertreterbestellungen könne davon aber auch abweichen, heißt es, weil sich diese Angabe auf ein Protokoll vom 28. Dezember 2001 bezieht, das sowohl bereits vollzogener als auch geplante Vertreterbestellungen erfaßt. In allen Fällen, in denen sich das Land selbst als Vertreter des Eigentümers bestellen und dessen Grundstücke auf sich selbst eintragen ließ, habe Sachsen nicht rechtswirksam Eigentum erworben. Wenn Eigentümer jetzt auftauchen, gibt Sachsen, ohne die „Besserberechtigung“ zu prüfen, das Land zurück oder leistet Ersatz durch anderes Land oder durch Geld. In Mecklenburg-Vorpommern hat nach Angaben des Landwirtschaftsministeriums die Landgesellschaft rund 50.000 Bodenreformgrundstücke ausfindig gemacht. Anders als in Brandenburg sei sie schon seit 1992 damit betraut worden, die fiskalischen Ansprüche durchzusetzen. Weil sie sehr intensiv nachgeforscht habe, sei die Zahl der Fälle, in denen gesetzliche Vertreter bestellt worden seien, deutlich geringer gewesen. In rund 7.700 Fällen hat das Land einen Herausgabeanspruch erhoben, in 42.300 Fällen keinen festgestellt. In rund 3.000 Fällen waren die Erben unbekannt. Gesetzliche Vertreter für sie seien erst nach umfänglicher Prüfung bestellt worden, und zwar durch die Landkreise und kreisfreien Städte. Das seien Privatpersonen, Rechtsanwälte, Gemeinden und Ämter gewesen, nicht das Land. In-Sich-Geschäfte habe es also nicht gegeben. Im übrigen sei es dem Land nicht darum gegangen, unbekannten Erben das Bodenreformland zu entziehen. Vielmehr sei es verpflichtet gewesen, die nicht vollzogenen, sogenannten „hängenden“ Bodenreformfälle mit denjenigen gleichzustellen, die nach dem Besitzwechselrecht der DDR vor dem Stichtag 15. März 1990 abgewickelt wurden. Mecklenburg-Vorpommern sieht sich durch das BGH-Urteil nicht veranlaßt, die rund 3.000 Grundstücke wieder herauszugeben – es sei denn, noch auftauchende Erben wiesen nachträglich ihre „Besserberechtigung“ nach. Bislang habe die Rückauflassung erst in 13 Fällen stattfinden müssen. In Thüringen wurden die landesfiskalischen Ansprüche nach Angaben seines Landwirtschaftsministeriums dann geprüft, wenn die Grundbuchämter den zuständigen Landesbehörden Verfügungen von Erben an solchen Grundstücken vorlegten, die mit einem „Bodenreform-Sperrvermerk“ belastet waren. Von Mitte 1992 bis zum 2. Oktober 2000 habe es insgesamt 25.000 solcher Verfügungen gegeben, und seine Ansprüche auf Herausgabe habe der Landesfiskus in 2.200 Fällen geltend gemacht. Nach jenem 2. Oktober haben die Grundbuchämter, so die weitere Auskunft, den Landesbehörden keine derartigen Mitteilungen mehr vorgelegt. Daher stelle sich die Frage, wie Thüringen mit Ansprüchen unbekannter Erben jetzt nach dem BGH-Urteil umgehe, nicht. Nicht beantwortet hat das Ministerium allerdings die ihm schriftlich gestellte Frage, wie viele Erben dem Land unbekannt waren und ob es gegen sie ebenso rechtswidrig wie Brandenburg vorgegangen ist, um seine Ansprüche noch vor dem Fristablauf durchzusetzen. Sachsen-Anhalt sah sich bislang noch nicht in der Lage, detaillierte Auskunft zu geben. Nach dem Stand vom 30. Dezember 2001 hat sich das Bundesland in 18.208 Fällen Bodenreformgrundstücke übertragen lassen. 1.120 Fälle waren damals noch anhängig.

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