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Aus Moldawien an die Moldau

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Cato, Weidel, Exklusiv

Welcher europäische Staat verzeichnete zwischen 1992 und 2002 weltweit den stärksten prozentualen Zuzug von Ausländern? Waren es die reichen Sozialstaaten Deutschland, Frankreich und Schweden? Oder das von immer größerer illegaler Zuwanderung geplagte Spanien? Nein: Nach Angaben der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hatte kein anderes Land ein so hohes prozentuales Wachstum an fremden Bewohnern wie die Tschechei. Tatsächlich klagen tschechische Politiker, Behörden und vor allem viele Normalbürger zunehmend über die negativen Folgen der sich schnell verändernden Bevölkerungsstruktur. Gab es zwischen Böhmerwald und Beskiden vor 1989 kaum Leute ohne tschechischen (bzw. tschechoslowakischen) Paß, so sind es mittlerweile über 250.000, die sich nach Angaben des Prager Statistikamtes längerfristig im Lande aufhalten. Knapp 100.000 davon sind EU-Bürger, meist Slowaken und Polen. Deutsche oder gar Sudetenländer sind eine absolute Ausnahme. Hinzu kommen zahlreiche Illegale. Laut Schätzungen der Prager Zollbehörde gehen derzeit bis zu 200.000 Ausländer einer Schwarzarbeit nach. Seit Ende der neunziger Jahre ist zudem ein sprunghafter Anstieg der Asylantenzahlen zu beobachten. Wurden 1997 noch 2.100 Anträge registriert, so waren es im Jahr 2000 schon 8.800 und 2001 bereits 18.100. Die wichtigsten Herkunftsländer sind Moldawien, Rumänien, die Ukraine, Armenien, Georgien, Indien und Vietnam. 2002 ging dieser Zuzug infolge einer Verschärfung des Asylgesetzes auf den Stand von 2.000 zurück, um sich 2003 wieder auf knapp 11.400 zu belaufen. Insgesamt wurden zwischen 1993 und 2003 67.000 Asylanträge gestellt, von denen die Behörden nur zwei Prozent anerkannten. Für den Großteil der Asylanten stellt die Tschechei nur eine Durchgangsstation auf dem Weg in den „goldenen Westen“ dar. Außerdem gibt es immer massivere Probleme mit Zigeunern, die während der Nachkriegsjahrzehnte aus der Slowakei nach Böhmen und Mähren abwanderten. Offiziell gibt es nur 11.700 Roma (Volkszählung 2001), tatsächlich dürften es mindestens zehnmal so viele sein. Die 1999 errichtete, 65 Meter lange und 1,80 Meter hohe Mauer um das Zigeunerviertel im nordböhmischen Aussig (Ústí nad Labem) machte weltweit Schlagzeilen und wurde erst auf massiven Druck der EU wieder abgerissen. Bei einer Gesamtbevölkerung von rund zehn Millionen lag der Ausländeranteil in der Tschechischen Republik 2003 offiziell zwar nur bei 2,3 Prozent (die offizielle Ausländerzahl in Deutschland beträgt acht Prozent, mit Einbürgerungen kommt man auf fast das Doppelte), aber die rasante Entwicklung zum Einwanderungs- und Transitland sowie die unübersehbaren Integrationsprobleme bei Zigeunern eröffneten in der Nach-Wende-Ära aus der Sicht vieler Tschechen bedrohliche Zukunftsaussichten. Die Zuwanderungswelle hat ihre Gründe: Das europäische Herzland gilt als eines der wohlhabendsten EU-Neuländer und dient oft als „Sprungbrett“ nach Deutschland oder Österreich. Überdies verfolgt die Regierung in Prag seit dem Sommer 2003 eine aktive Migrationspolitik. Angesichts einer der europaweit niedrigsten Geburtenraten von nur 1,17 Kindern pro Frau, der rasanten Vergreisung und der absehbaren Folgen für die Arbeitsmarkt- und die Rentenpolitik soll eine geregelte Zuwanderung für Abhilfe sorgen. Laut Uno-Hochrechnungen wird sich die Bevölkerungszahl des Landes bis 2050 um 17 Prozent (1,7 Millionen Menschen) verringern. Festgeschrieben ist die neue Ausländerpolitik in einem vom Ministerium für Arbeit und Soziales erarbeiteten Projekt mit dem Zuversicht verströmenden Titel „Legale Migration – offene Chance“. Die als „aktive Auswahl qualifizierter ausländischer Arbeitskräfte“ umschriebene Aufnahmepolitik öffnete die Grenzen zunächst für Zuzugswillige aus den EU-Anwärtern Kroatien und Bulgarien sowie Kasachstan. Später kamen Moldawien und Weißrußland hinzu sowie seit 1. Juli Serbien, Montenegro und Kanada – hier haben die Prager Strategen wohl rückkehrwillige Exil-Tschechen im Blick. Ab 2006 soll die Ukraine folgen, wo das Interesse besonders groß ist. „Die Migration kann, auch hinsichtlich der globalen Kommunikation, ohnehin nicht gestoppt werden. Der einzige Weg, sie zu bewältigen, ist daher der Versuch, sie aktiv zu steuern“, so Projektchefin Vera Ivanovicová. Während andere Ausländer zehn Jahre auf eine Daueraufenthaltsgenehmigung warten müssen, können Personen aus den genannten Staaten schon nach zweieinhalb Jahren eine Bewilligung bekommen. Die Einbürgerung kann frühestens nach fünf Jahren erfolgen. Bislang ist die Zahl der im Rahmen des Projekts „Legale Migration“ gekommenen Personen ist gering: Statt der fürs erste und zweite Jahr festgesetzten Quoten von 300 bzw. 700 Personen waren es insgesamt nur 279 Arbeitskräfte. Ähnlich wie in Deutschland sind die Begründungen für die tschechische Zuwanderungspolitik rein ökonomischer Natur. Nach Schätzungen des Arbeitsministeriums sollen ab 2030 angeblich 420.000 qualifizierte Arbeitskräfte fehlen. Nach alternativen Lösungen, etwa in Gestalt einer umfassenden Familien- und Geburtenförderung, sucht dagegen weder die sozialliberal-christdemokratische Dreierkoalition noch die rechtsliberale bzw. kommunistische Opposition. Die eigene Bevölkerung wird zur Ausländerthematik nicht gefragt. Auch in diesem Punkt ist die Tschechei längst in der EU „angekommen“. Und von den Sudetendeutschen ist in dem Zusammenhang übrigens auch keine Rede. Foto: Mauerbau gegen Roma in Aussig: Einwanderungsland mit unübersehbaren Integrationsproblemen

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