Anzeige
Marc Jongen, ESN Fraktion
Anzeige
Hörner Group, Stifte, Schreibgeräte

Sind wir nicht alle Sieger?

Sind wir nicht alle Sieger?

Sind wir nicht alle Sieger?

 

Sind wir nicht alle Sieger?

Anzeige

Weihnachts-Abo, Weihnachtsbaum, Zeitungen

Die nordrhein-westfälischen Kommunalwahlen am 26. September standen ganz im Zeichen der zunehmenden Politverachtung der Bevölkerung. Zu diesem Resümee kommt der Essener Politikwissenschaftler und Wahlforscher Karl-Rudolf Korte angesichts der immer weiter abnehmenden Wahlbeteiligung. Von den rund 14 Millionen zur Wahl aufgerufenen Personen gaben nur 54,5 Prozent ihre Stimme ab. Vor fünf Jahren waren es immerhin noch 55,0 Prozent. Klare Verlierer der Kommunalwahl waren die beiden großen Parteien. Während die CDU von ihrem besten jemals erreichten Ergebnis von 50,3 Prozent auf immerhin noch beachtliche 43,4 Prozent nachgab, verschlechterten die Sozialdemokraten ihren historischen Tiefststand von 33,9 auf 31,7 Prozent. Gewinner waren die kleinen Parteien, allen voran die Grünen, die von 7,3 auf 10,3 Prozent stiegen (allerdings mehr erwartet hatten). Die FDP legte um 2,5 Prozentpunkte auf 6,8 Prozent zu. Die Republikaner besserten sich von 0,4 auf 0,6 Prozent, während die PDS immerhin von 0,8 auf 1,4 Prozent anzog. Die sonstigen Parteien verbesserten sich von 4,0 auf 5,8 Prozent. Darin sind auch die NPD mit 0,2 Prozent enthalten (1999: 0,0 Prozent) und die DVU unverändert mit 0,1 Prozent der Stimmen. Allerdings muß bei den Ergebnissen berücksichtigt werden, daß die kleinen Parteien nicht flächendeckend antraten, sondern nur in einigen Städten und Kreisen. Einer Infratest-dimap-Analyse zufolge spielte für knapp ein Drittel der Wähler (32 Prozent) die Bundespolitik eine wichtige Rolle. Die Kommunalpolitik war für 51 Prozent wahlentscheidend, die Landespolitik für 15 Prozent, wie die Umfrage ergab. Zudem hat es sich nach Ansicht Kortes diesmal um „eine extreme Persönlichkeitswahl“ gehandelt. Wie zumeist, so fühlten sich auch dieses Mal die Verlierer als die wahren Gewinner. So sprach SPD-Generalsekretär Klaus Uwe Benneter trotz des neuen historischen Tiefststandes an Rhein und Ruhr von einer Trendwende und sah schon für die CDU-Bundesvorsitzende Angela Merkel „die Felle wegschwimmen“. Und NRW-Ministerpräsident Peer Steinbrück schwadronierte sogar etwas von einem angeblichen „Comeback im Ruhrgebiet“ für die SPD – angesichts des Desasters seiner Partei in Duisburg schon eine mutige Aussage. Signal für Machtwechsel und stabilisierende Trendwende CDU-Landeschef Jürgen Rüttgers sieht sich schon als neuer nordrhein-westfälischer Ministerpräsident. Das Kommunalwahlergebnis ist nämlich seiner Ansicht nach ein „Signal für den Machtwechsel an Rhein und Ruhr bei der Landtagswahl im Mai des kommenden Jahres“. Die von SPD-Chef Franz Müntefering nach den Landtagswahlen in Sachsen und Brandenburg ausgerufene Trendwende sei in sich zusammengebrochen. Schließlich habe die CDU alleine mehr Stimmen erhalten als SPD und Grüne zusammen (wobei er allerdings verschweigt, daß dieser Vorsprung gegenüber den Kommunalwahlen 1999 von gut vierzehn auf etwa acht Prozent zusammengeschmolzen ist). Ganz anderer Meinung ist dagegen der nordrhein-westfälische Bau- und Kulturminister Michel Vesper von Bündnis 90/Grüne. Er sieht Rot-Grün als gestärkt und verwies darauf, daß die SPD bei den Europawahlen im Juni nur 25 Prozent der Stimmen erhielt, also deutlich weniger als jetzt. Dies und die Stimmengewinne seiner Partei „würdigen auch die Arbeit der rot-grünen Landes- und Bundesregierung“, meinte Vesper sogar gegenüber Focus-Online. Insgesamt sei das Kommunalwahlergebnis für SPD und Grüne „eine traumhafte Ausgangsposition für die Landtagswahl 2005“. Realistischer sieht das dagegen Korte. Seiner Ansicht nach sei der Abwärtstrend der Sozialdemokraten „insgesamt nicht gestoppt“. Doch auch die CDU gerate verstärkt unter Druck. „Ein Abschlaffen ist erkennbar“, wie der Wahlanalyst Korte dem WDR sagte. Ein regelrechtes Desaster erlebten die Sozialdemokraten in ihrer bisherigen Hochburg Duisburg. So kam die amtierende SPD-Oberbürgermeisterin Bärbel Zieling nur noch auf 37,6 Prozent der Stimmen, während ihr Herausforderer von der CDU, Adolf Sauerland, stolze 40,2 Prozent erreichte. Dieses ist ein klares Mißtrauensvotum gegen Zieling, da die CDU bei den Wahlen für den Rat der Stadt Duisburg insgesamt nur auf 36,0 Prozent (minus 5,5 Prozent), die SPD dagegen auf 38,0 Prozent (minus 7,3 Prozent) kam. Die PDS verbesserte ihr schon gutes Ergebnis aus dem Jahr 1999 von 4,2 Prozent nochmals auf 5,2 Prozent. Die Republikaner bleiben mit 0,8 Prozent (plus 0,7 Prozent) dagegen bedeutungslos. Überhaupt konnten die rechtsgerichteten Parteien zwischen Rhein und Weser kein sonderlich beeindruckendes Ergebnis erzielen, anders als noch zwei Wochen zuvor in Brandenburg und Sachsen. So freute sich dann auch NRW-Innenminister Fritz Behrens: „Rechtsextreme Gruppierungen finden in NRW nur geringe Unterstützung. Sie werden auch bei den Landtagswahlen 2005 weit unter der Fünf-Prozent-Hürde bleiben.“ Besonders erfreut registrierte der Sozialdemokrat, daß auch vereinzelte Bündnisse, wie etwa in Lüdenscheid (Republikanerliste mit NPD-Mitgliedern; 3,2 Prozent, minus 0,9 Prozent) sowie in Düsseldorf (Republikanerliste mit Kandidaten von DVU und Schill-Partei; 1,7 Prozent, plus 0,2 Prozent), nicht zu größeren Zuläufen führten. Beide Listen sind allerdings sehr umstritten zustandegekommen und wurden seitens der Bundespartei nicht unterstützt. In beiden Städten blieb es wie 1999 bei einem Mandat und damit wohl weniger, als viele sich nach den Wahlen in Brandenburg und Sachsen ausgerechnet hatten. Einige Achtungserfolge gab es allerdings doch. So erhielten die Republikaner in der 50.000-Einwohner-Stadt Alsdorf 8,2 Prozent der Stimmen und in der Ruhrgebietsstadt Herne 4,7 Prozent. Und auch in Mönchengladbach erreichte die NPD mit 2,5 Prozent ein überdurchschnittlich gutes Ergebnis. Pro Köln erreichte im Kölner Rathaus Fraktionsstatus Den meistbeachteten Erfolg einer rechtsgerichteten Liste holte jedoch die Gruppierung „pro Köln“. Sie wurde in der Domstadt von 4,7 Prozent der Wähler gewählt und zieht damit mit vier Personen in den Rat der Stadt ein. Damit hat pro Köln auf Anhieb Fraktionsstatus erreicht. Beeindruckend ist auch, daß die 16.531 Stimmen für diese Gruppierung circa ein Drittel aller landesweit für rechte Parteien abgegebenen Stimmen darstellen. In den Wahlbezirken Poll/Westhoven/Ensen kam die von Judith Wolter geführte Organisation sogar auf 9,2 Prozent und in Volkhoven/Weiler/Chorweiler/Blumenberg auf 9,02 Prozent. Die etablierten Parteien überboten sich sofort damit, diese Gruppierung pauschal ins rechtsextreme Lager einzuordnen. Wie wenig sich diese etablierten Parteien dabei selber um die Demokratie scheren, bewies der Kölner FDP-Parteichef Reinhard Houben noch am Wahlabend. Er kündigte eine Initiative zur Verkleinerung der Ratsausschüsse an, um so zu verhindern, daß pro Köln dort Sitz und Stimme hat. Bei den drei anderen großen Fraktionen, also CDU, SPD und Grüne, stieß dieser Plan – wie nicht anders zu erwarten – auf breite Zustimmung. Wolter, die auch zur Vorsitzenden der pro-Köln-Ratsfraktion gewählt wurde, wies Meldungen zurück, wonach ihre Organisation Kontakte zur NPD oder Neonazis unterhalte. Vielmehr sei die NPD als Konkurrenz von pro Köln aufgetreten. Hinzu komme, „daß in der Vergangenheit Demonstrationen unserer Bürgerbewegung von Linksextremisten und von NPD-Anhängern massiv gestört wurden“. Laut Wolter wehrt sich pro Köln zudem mit einer Klage beim Oberverwaltungsgericht Düsseldorf dagegen, als rechtsextreme Organisation bezeichnet werden zu dürfen. Der Erfolg dieser Bürgerbewegung basiert unter anderem auch auf von pro Köln organisierten Protesten gegen den Bau von gleich zwei Moscheen in der Domstadt. 28.000 Unterschriften hiergegen hatte pro Köln an den Beschwerdeausschuß geschickt. Mit welch fragwürdigen Mitteln gegen pro Köln vorgegangen wurde, zeigt auch folgendes: Wochen vor der Wahl hat das Bonner Meinungsforschungsinstitut Omniquest eine Umfrage durchgeführt, die elf Prozent für „Sonstige“ auswies. Nach Aussagen Wolters verweigerte Omniquest aber die Aufschlüsselung dieser Stimmen, was nach ihrer Ansicht eine „glatte Manipulation“ der Bürger darstellt. Unionserfolge in Duisburg und in der Landeshauptstadt Nicht zuletzt auch aufgrund des Wahlerfolgs von pro Köln steht die schwarz-grüne Koalition in Köln vor dem Aus. So verlor die CDU gegenüber den Wahlen vor fünf Jahren 12,5 Prozentpunkte auf nur noch 32,7 Prozent. Dagegen konnte sich die SPD leicht auf 31,0 Prozent (plus 0,7 Prozent) verbessern. Die Grünen legten auf 16,6 Prozent (plus 0,9 Prozent) und die FDP auf 7,4 Prozent (plus 3,3 Prozent) zu. Die PDS kam auf 3,0 Prozent (plus 0,9 Prozent), während die Republikaner um 0,3 Prozentpunkte auf 0,9 Prozent abgaben. Die NPD erreichte 0,3 Prozent. CDU-Oberbürgermeister Fritz Schramma, der selber nicht zur Wahl stand, da in Köln der Oberbürgermeister schon vor zwei Jahren gewählt wurde, kündigte bereits am Wahlabend an, er werde Gespräche über eine Große Koalition mit der SPD führen. Er wollte aber auch eine Koalition mit den Grünen und der FDP nicht ausschließen, ebensowenig wie „Mehrheiten von Fall zu Fall“ zu suchen. Letzteres stärke die Sachpolitik, so Schramma, und hätte zudem zur Folge, daß es bei Entscheidungen „nicht mehr um Pfründe“ gehe, sondern nur noch um das Wohl der Stadt. Ihren neben Duisburg wohl größten Erfolg erzielte die CDU in der Landeshauptstadt Düsseldorf, wo der amtierende Oberbürgermeister Joachim Erwin direkt im ersten Wahlgang 50,4 Prozent der Stimmen bekam und seine Kandidatin, die Essener Sozialdezernentin Gudrun Hock, die nur auf 36,5 Prozent der Stimmen kam, geradezu deklassierte. Und auch im Stadtrat konnte die CDU mit 44,5 Prozent ein überdurchschnittliches Ergebnis einfahren, das allerdings um 4,9 Prozentpunkte unter dem 1999er-Ergebnis liegt. Die SPD fiel weiter von 35,2 auf 30,3 Prozent. Stark legten die Grünen zu, die 5,2 Prozentpunkte auf 12,3 Prozent hinzugewannen. Die FDP legte von 4,3 auf 6,2 Prozent zu und die PDS von 2,3 auf 2,9 Prozent. Die Republikaner verbesserten sich von 1,5 auf 1,7 Prozent. Die skurrile Lemmerliste rund um den früheren Manager der Skinheadband Störkraft Torsten Lemmer kam immerhin auf beachtliche 1,0 Prozent. Sie wird, ebenso wie die Republikaner, mit einem Sitz im Rat der Stadt Düsseldorf vertreten sein. Kuriosum am Rande: In Düsseldorf kam es direkt in zwei Wahlbezirken zu einem Patt zwischen dem CDU- und dem SPD-Kandidaten. Nun entscheidet am 1. Oktober das Los.

Anzeige
Anzeige

Der nächste Beitrag

ähnliche Themen
aktuelles