Neben der Präsidentschaftswahl am 2. November haben auch die Kongreßwahlen George W. Bush gestärkt. So gewannen die Republikaner 19 der 34 zur Wahl stehenden Sitze. Der prominenteste Sieger war John McCain aus Arizona, der mit 77 Prozent für sechs weitere Jahre wiedergewählt ist. Das bekannteste demokratische Opfer war kein Geringerer als der Chef der demokratischen Senatoren Tom Daschle. Er unterlag in South Dakota dem Republikaner John Thune. Sogar ausgemachte „Erzkonservative“ wie Jim DeMint konnten triumphieren. Der neue Senator von South Carolina vertritt die Auffassung, Homosexuelle seien als Lehrer ungeeignet. Und nicht nur das: Sogar unverheiratete Mütter hätten im Klassenzimmer nichts zu suchen, argumentierte der vierfache Familienvater im Wahlkampf. Die Aussage, daß ledige Mütter keine guten Vorbilder für Kinder seien, hat er nach heftigen Protesten allerdings wieder revidiert. Auch in anderen Bereichen vertritt DeMint die „reine Lehre“ der Republikaner. So spricht er sich für ein radikal vereinfachtes Steuersystem sowie für eine Privatisierung des Sozialsystems aus. Die Altersvorsorge soll nur noch kapital- statt umlagefinanziert erfolgen. Beim Thema Abtreibung vertritt das frühere Mitglied des Repräsentantenhauses auch eine klare Positionen – deswegen hat er Organisationen wie National Right to Life, Family Research Council und Concerned Women for America auf seiner Seite. Senator Tom Coburn aus Oklahoma ist so radikal gegen Abtreibung, daß er die Todesstrafe für Abtreibungsärzte befürwortet. Außerdem hat Coburn im Wahlkampf behauptet, an Schulen in seinem Staat sei „Lesbianismus“ weit verbreitet. Als Senator möchte er sich für einen Verfassungszusatz einsetzen, der die Homo-Ehe verbietet. „Die Agenda der Schwulenbewegung hat die innersten Machtzirkel dieses Landes erobert, sie übt extreme Macht aus … Diese Agenda ist die größte Bedrohung, der unsere Freiheit heutzutage ausgesetzt ist. Warum glauben Sie, daß Abtreibung und ständiger Partnerwechsel heute zur Normalität gehören? Das ist Bestandteil der ‚Gay Agenda'“, erklärte Coburn auf einer Parteiveranstaltung. Coburn gehört zu den „94ern“. Das sind die Abgeordneten, die mit der „Gingrich-Revolution“ ins Repräsentantenhaus gewählt worden sind. 1994 hatten die Republikaner mit einem radikal-konservativen Programm nach Jahrzehnten die Mehrheit fulminant zurückerobert. Doch die Republikaner waren nicht mutig genug, ihren „Vertrag mit Amerika“ auch umzusetzen. 1995 reagierte Bill Clinton auf die umfangreichen Budgetkürzungen mit einer völligen Stillegung der Regierungsgeschäfte (government shutdown). Außerdem drohte er Sozialleistungen für Rentner einzustellen, die sich empört an die Republikaner wandten. Newt Gingrich und Bob Dole bekamen umgehend kalte Füße und kehrten zurück zur Politik des Schuldenmachens. Dole scheiterte später als Präsidentschaftskandidat. Gingrich spielt heute keine wichtige Rolle mehr, Abgeordnete wie Coburn, die diesen radikal anti-etatistischen Kurs damals mittrugen, halten ihn heute noch für richtig. „Er ist einer von den wirklich Rechten“, warnt Kenneth Hicks von der Rogers State Universität von Oklahoma. Und sogar im Umfeld des Präsidenten gibt es Skepsis „Es gibt da einen bestimmten Prozentsatz von Abgeordneten, die sind so sehr gegen den Staat eingestellt, daß sie sich nicht an die Regeln halten“, zitierte das Politik-Magazin Salon.com einen hochrangigen Republikaner. Coburn sei „ein Alptraum“ für die Bush-Administration. Im Senat gibt es nun 55 Republikaner, 44 Demokraten und einen Unabhängigen. Im Repräsentantenhaus sitzen 231 Republikaner (plus vier) 200 Demokraten (minus drei) gegenüber. Bei den Gouverneuren steht es 28 zu 22 für die Republikaner. All das dürfte Bush das Regieren sehr erleichtern.