Stallgeruch muß man nicht unbedingt haben, wenn man in der FDP erfolgreich sein will. Ein Seiteneinsteiger, der erst in späteren Jahren zur liberalen Partei gestoßen ist, war der vergangene Woche im Alter von 62 Jahren verstorbene ehemalige Bundeswirtschaftsminister Günter Rexrodt. In den Jahren 1993 bis 1998 lenkte er zwar nicht die Wirtschaftspolitik Deutschlands, das kann in einer marktwirtschaftlichen Ordnung niemand, aber mit der Abschaffung des Rabattgesetzes und der Aufweichung der strengen Ladenschlußregelung setzte er doch einige liberale Akzente. Wichtiger war jedoch, daß er den Tendenzen zur Stärkung der EU-Kompetenzen und zur Globalisierung keinerlei Widerstand entgegenbrachte. Rexrodt paßte in eine politische Linie, die das Ziel hat, den Nationalstaat Deutschland als handlungsfähige Macht in Europa aufzulösen. Nationalliberale Traditionen waren Rexrodt ebenso wie der gesamten Führungsmannschaft der FDP ein Greuel. An diesem Urteil ändern auch die heftigen innerparteilichen Kämpfe nichts, die der FDP-Bundesschatzmeister Rexrodt in den letzten Jahren mit seinem Vorgänger im Amt des Wirtschaftsministers Jürgen W. Möllemann austrug. Im Gegensatz zu Möllemann, der als Vorsitzender des FDP-Landesverbandes NRW über eine echte Hausmacht verfügte, hatte Rexrodt als Berliner Vorsitzender nur einen zahlenmäßig kleinen Landesverband hinter sich, den er selbst durch zielstrebige Bekämpfung aller nationalliberalen Tendenzen noch zusätzlich geschwächt hatte. Möllemann wurde von Rexrodt und der gesamten Parteiführung nicht bekämpft, weil er nationalliberal gewesen wäre, das war nicht der Fall, sondern weil er kein zuverlässiger Vertreter der hierzulande herrschenden political correctness war. Dies zeigte sich bei der Abfassung und Finanzierung eines Flugblattes mit Kritik am israelischen Ministerpräsidenten Ariel Scharon im Bundestagswahlkampf 2002. Die bis heute ungeklärte Herkunft der hierfür aufgewandten Mittel führte zu Strafzahlungen der FDP an den Bundestagspräsidenten und stellte den Bundesschatzmeister vor Probleme, die er nur unzulänglich lösen konnte. Größere Spenden der Wirtschaft, der sich Rexrodt nicht zuletzt durch seine Betätigung in Beratungs- und Lobbyfirmen verbunden wußte, blieben angesichts der Rezession aus. Die meist erfolglosen Bettelbriefe, die Rexrodt an die Parteimitglieder senden mußte, machten ihn auch nicht gerade populär. So stand der Parteipolitiker, Minister und Bundestagsabgeordnete Günter Rexrodt stets für eine politische Klasse, die sich als unfähig erweist, dauerhaft Wähler auch emotional an sich zu binden. Abgehoben von der Wirklichkeit und den Sorgen und Interessen des kleinen Mannes der Straße betreibt sie eine Globalisierungs-, Europa- und Ausländerpolitik, die kaum mehr zu vermitteln ist. Der Andrang von Bewerbern, die nach Rexrodt die Finanzen der FDP verwalten wollen, wird sich in Grenzen halten. Detlef Kühn Detlef Kühn , Jahrgang 1936, war von 1966 bis 1970 wissenschaftlicher Mitarbeiter der FDP-Bundestagsfraktion und als Geschäftsführer des Arbeitskreises für Fragen der Deutschland- und Verteidigungspolitik zuständig.