Es dürfte NPD-Parteichef Udo Voigt nicht überrascht haben, daß die Staatsanwaltschaft Berlin sein Interview mit der JUNGEN FREIHEIT in der letzten Ausgabe (JF 40/04) noch am Tag des Erscheinens genau unter die Lupe nahm und der Text tags darauf bundesweit Schlagzeilen machte. Hatte er doch im Gespräch mit dieser Zeitung – nach dem spektakulären Wahlerfolg seiner Partei in Sachsen – nichts weniger getan, als dem Staat den Fehdehandschuh hinzuwerfen. Während sich sogar die sogenannten „Qualitätsmedien“ einerseits lieber echauffieren, als die NPD-Vertreter auch nur einen einzigen ganzen Satz sagen zu lassen, andererseits mit versteckter Kamera versuchten, das einzufangen, was sie eben noch brüsk unterbrochen hatten, konnte der mündige Bürger sich seit vergangenem Freitag bundesweit allein in der JUNGEN FREIHEIT selbst ein Bild von der NPD und ihrem Personal machen. Hier plauderte Voigt offenherzig all das aus, dessen ihn die etablierten Medien so gerne aufwendig überführt hätten. „Den Vasallenstaat … BRD abwickeln“ – allerdings streng, in formaler Übereinstimmung mit dem Grundgesetz -nichts weniger, so Voigt in der JF, sei das Ziel der NPD. Und provozierte überdies mit Aussagen, die Hören und Sehen vergehen ließen: Er sprach von „Hitler als großem deutschen Staatsmann“ und der Integration „nationalsozialistischerer Strömungen“ (neben nationalliberalen und -konservativen) in die Partei. Das Presseecho war dementsprechend: Überregional und flächendeckend, Agenturmeldungen, Online-Meldungen, Zeitungsmeldungen, Rundfunkmeldungen. Von ARD und ZDF bis zu Spiegel, Frankfurter Rundschau oder Berliner Zeitung berichteten zahlreiche Medien im ganzen Land. Den Anfang hatte bereits am Samstag der Berliner Tagesspiegel gemacht, der obendrein der JF durch einen ungenannten „Sicherheitsexperten“ „Heuchelei“ bezüglich ihrer kritischen Kommentierung des Interviews attestieren ließ. Spiegel Online verwechselte zunächst JF mit Junge Welt und phantasierte dann von „regelmäßigen“ Interviews mit „NPD-Größen“ in dieser Zeitung, während der Berliner Radiosender RS 2 die JF „eine NPD-Wochenzeitung“ nannte. Die Staatsanwaltschaft spricht unterdessen von einem „Anfangsverdacht“, Voigt habe sich möglicherweise der Verunglimpfung des deutschen Staates und seiner Symbole nach Paragraph 90a Strafgesetzbuch schuldig gemacht, und leitete am Montag ein Ermittlungsverfahren ein. Voigt weilt derweil am Mittelmeer und erholt sich von den sächsischen Wahlkampfmühen. Gegenüber der JUNGEN FREIHEIT gab er sich am Telefon demonstrativ gelassen, wollte aber die Vorgänge nicht kommentieren, bevor er am Montag wieder in Berlin sei.