Schwere Fehler machten die USA laut Peter Scholl-Latour bei der Besatzung des Irak. Mit ihrem Verhalten sorgten sie für eine Zunahme des Widerstandes im Land. Wörtlich spricht Scholl-Latour von einem “Autismus der Amerikaner". Im Interview mit der am Freitag in Berlin erscheinenden Wochenzeitung JUNGE FREIHEIT sagte er: “Die US-Soldaten ignorieren bei ihrer legitimen Suche nach Terroristen im Irak die Sitten des Orients völlig. Ein Verhalten, daß nach dem einheimischen Ehrenkodex unverzeihlich ist und das einen Iraker dazu veranlassen kann, zum Gewehr zu greifen." Er habe bei seiner erst vor kurzem beendeten Reise in den Irak eine “zunehmende Sympathie für die Aktionen des Widerstandes" beim “kleinen Mann" auf der Straße feststellen müssen.
“Wenn aber die Amerikaner das Land verlassen", so Scholl-Latour, “wird es wohl zum Bürgerkrieg kommen". Freie Wahlen im Irak führten “vermutlich zu einer Machtergreifung der Schiiten", womit sich aber zumindest die Sunniten nicht abfinden würden. Sie seien “seit dreizehnhundert Jahren gewöhnt, die Schiiten niederzuhalten." Enthalte man allerdings den Schiiten ihren Anteil an der Macht im Lande vor, “wird das ihre Aggressivität entfesseln". Das aber werde “alles in den Schatten stellen, was sich derzeit im sunnitischen Dreieck Bagdad-Tikrit-Falludscha abspielt", so Scholl-Latour.
V.i.S.d.P.: Thorsten Thaler, Chef vom Dienst, Hohenzollerndamm 27a, 10713 Berlin
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