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Überraschungen sind möglich

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In Deutschland sind wir sehr besorgt über das Verhalten Scharons und die Folgen, die entstehen wenn er ge-wählt wird.“ Mit diesen Worten warnte Wolfgang Thierse (SPD) im Dezember 2000 in der Jerusalem Post vor der Wahl Ariel Scharons zum Ministerpräsidenten. Doch 1,7 Millionen Israelis hörten nicht auf den Bundestagspräsidenten und wählten den Kandidaten der rechten Likud-Partei, Ariel Scharon, vergangene Woche mit 62,39 Prozent zum Premier. Im Medienwald ertönte darauf ein lautstarkes Lamento aus, als ob in Israel ein jüdischer Pinochet an die Macht käme. Dabei werden die historischen Fakten oft verfälscht dargestellt. Denn aufgrund seiner persönlichen Eigenschaften ist der 72jährige eher ein Hoffnungsträger. Es wird fälschlicherweise oft so dargestellt, als ob Scharon 1982 der Alleinverantwortliche für den Einmarsch in den Libanon gewesen war. Die Tatsache, daß Regierung und Parlament zugestimmt haben, wird verschwiegen. Er mußte als Verteidigungsminister die politische Verantwortung für die Massaker in den Palästinenserlagern Sabra und Shatila übernehmen, die von seinen christlich-libanesischenen Verbündeten verbrochen wurden, nicht von Israels Armee. Trotzdem bezeichnen ihn nicht nur arabische Medien samt und sonders als „Kriegsverbrecher“. Die Drosselung der Terrorwelle 1970 in Gaza, wird von seinen linken Gegnern als Beweis seiner Brutalität aufgeführt; für die Israelis war es ein Segen. Als die Ägypter 1973 den Suez-Kanal überquerten, die Regierung Golda Meirs überraschten und drohten, der israelischen Armee ihre erste große Niederalge zuzufügen, war es Divisionskommandeur Scharon, der die Wende herbeiführte. Seine Panzer überquerten den Suez-Kanal, die gesamte ägyptische Armee wurde im Sinai eingekesselt und nur die Intervention des US-Außenministers Henry Kissingers hielt ihn zurück, den Marsch auf Kairo anzutreten. Somit gab er den Anstoß für den Friedensschluß mit Ägypten: Scharon hatte Ägyptens Präsident Anwar el Sadat überzeugt, daß er unmöglich gegen Israels Armee gewinnen kann. Vollkommen verschwiegen wird auch, daß es Scharon war, der nach dem Friedensschluß mit Ägypten die Siedlungen im Grenzgebiet zwischen Gaza und dem Sinai räumen ließ – in Ausführung des Vertrages mit Sadat. Er handelte dabei gegen seine tiefste Überzeugung, aber als bedingungsloser Anhänger des Völkerrechts – pacta sunt servanda. Scharon erwies sich dadurch nicht nur als gesetzestreuer Politiker, sondern auch als Mann des Friedens aus. Die Errichtung von fast einer Million Wohnungen in kürzester Zeit, um Anfang der 90er Jahre die Flut der einwandernden Sowjetjuden aufzufangen, war sein organisatorisches Glanzstück als Bauminister. Der erfolgreiche Hobby-Landwirt Scharon ist zweifelsohne ein „Macher“, der über eine unvergleichbare politisch-militärische Erfahrung verfügt. Und mit 72 Jahren ist er längst nicht mehr so kämpferisch wie in früheren Zeiten. Allerdings weiß er ganz genau – und er sagt es immer wieder – was er, im Gegensatz zu Ehud Barak, nicht hergeben wird. Er wird nicht die Gebiete hergeben, welche die Verteidigung der israelischen Grenzen illusorisch erscheinen lassen würden. Er wird die Truppen nicht auf die Linie von 1948 zurückziehen, die 14 Kilometer vor Tel Aviv verlief. Er wird die Klagemauer nicht hergeben – er ist kein Orthodoxer, aber er ist ein „Bekennender“; und auch das Jordantal, das die Ostgrenze sichert, wird er nicht Arafat überlassen. Scharon weiß, daß er sich der Gründung eines Palästinenser-Staates nicht widersetzen kann. Er wird womöglich auf seine alte These zurückgreifen, in Jordanien den Kern des Palästinenserstaates zu sehen – zumal mehr als 50 Prozent der jordanischen Bevölkerung aus palästinensischen Flüchtlingen besteht. Er könnte sich sehr wohl eine Föderation mit den geräumten Gebieten auf der Westbank vorstellen, um so mehr, als der treue Freund Israels, König Hussein, verstorben ist und man auf die haschemitische Monarchie nicht mehr so viel Rücksicht nehmen muß. Eine Heimkehr der drei Millionen palästinensischen Flüchtlinge in das israelische Kernland kann man, so lange Scharon Premier bleibt, allerdings vollkommen ausschließen. Er wird keinem solch selbstmörderischem Experiment zustimmen, wie teilweise von den Linken in der Arbeiterpartei und den „Friedenskämpfern“ in der Merez-Partei befürwortet. Zwei Voraussetzungen für einen Erfolg Scharons sind schon eingetreten: Die Bush-Regierung hat die „Überbrückungsvorschläge“ Bill Clintons, der um jeden Preis in seiner Amtszeit den Friedensschluß im Nahen Osten erzielen wollte, fallen gelassen. Und Ex-Premier Ehud Barak hat Scharon zugestimmt, daß angesichts Arafats systematischer Ablehnung aller Kompromißvorschläge, aller israelischen Zugeständnisse, die unter seiner Verhandlungsführung gemacht wurden, alle bisherigen Verhandlungsergebnisse null und nichtig seien. Die gleich nach seinem Wahlsieg Scharons formulierten Angebote der Palästinenser, die Verhandlungen von dem Punkt aus aufzunehmen, in dem man sie in Taba – also noch unter Barak – unterbrochen hatte, werde nicht akzeptiert, auch dann nicht, wenn die Arbeiterpartei Baraks auf sein Koalitionsangebot eingeht und in der Regierung Scharon Ehud Barak Verteidigungsminister oder Shimon Peres Außenminister wird. Eines steht fest: so lange die palästinensische Intifada andauert, so lange der palästinensische Terror nicht eingestellt wird, wird auch nicht substantiell verhandelt. Kein Kenner der Szene zweifelt daran, daß die Intifada unmittelbar von Jassir Arafat gelenkt wird. So lange Ehud Barak sein Verhandlungspartner war, konnte Arafat mit dem politisch wenig erfahrenen Mann nach Gutdünken umspringen. Barak hielt sich an kein einziges Ultimatum, das er verkündet hatte – er konnte es auch schwerlich, mit Bill Clintons Drängeln im Nacken und mit dem allseitigem Zerren und Ziehen seiner linken Koalitionspartnern. Sollte die Arbeiterpartei nicht auf das Angebot Scharons eingehen und in eine Regierung der nationalen Einheit eintreten, wird Scharon eine relativ enge Koalition mit den religiösen Parteien (Schas, National-Religiöse Partei, Vereinte Tora-Partei), den beiden Parteien der russischen Einwanderer und mit den rechten Splittergruppen im Parlament bilden. Es wäre eine politisch weniger solide Basis, aber sie würde Sharon mehr Bewegungsfreiheit in Richtung nationale Sicherheit gewähren – was übrigens den US-Republikanern durchaus genehm wäre. So oder so: Scharon wird nicht verhandeln, so lange geschossen wird, so lange Bomben explodieren und jüdische Zivilisten umgebracht werden. Niemand bezweifelt heute mehr, daß in absehbarer Zeit ein Palästinenserstaat ausgerufen wird. Einen „neuen Nahostfrieden“ nach den Träumen der israelischen Anhänger der inzwischen vom Wind der Zeitgeschichte verwehten Osloer Verträge wird und kann es jedoch nicht geben. Man hat in Oslo zu viel geträumt und zu wenig realpolitisch gedacht. Schon jetzt steht hoch oben auf der Tagesordnung die „Trennung“ – es wird wahrscheinlich zwischen den beiden Staaten eine befestigte, stark bewachte Grenze geben, wenn auch nicht vergleichbar mit der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze. Seit der Wahl Scharons wurde „Sicherheit“ zur ersten Priorität Israels – nach Willen des Wahlvolkes zum Grundwert des jüdischen Staates. Dadurch schließt sich, gleichsam immanent, auch die Rückkehr der palästinensischen Flüchtlinge aus – was mit Sicherheit verhinderte Gerechtigkeit bedeutet. Hier prallen zwei Grundwerte aufeinander – Sicherheit und Gerechtigkeit – und das ist der Stoff aus dem Tragödien entstehen. Unter den Palmen und Ölbäumen des gelobten Landes wird noch viel Blut ließen, wer immer zum „Rosch Hamemschala“, zum „Kopf der Regierung“, gewählt werde. > Ariel Scharon wurde 1928 als Ariel Scheinerman in Kfar Malal bei Tel Aviv geboren. 1942 wurde er Mitglied der Haganah, 1948 kommandierte er eine Infanterie-Einheit. 1953 leitete er das Kommando „101“, das Vergeltungsmaßnahmen ausführte. 1956 wurde er Kommandeur eines Fallschirmjägerkorps im Sinai-Feldzug. 1957 besuchte er das Chamberley College in England. Von 1958 bis 1962 war er Brigadekommandeur und Chef der Infanterie-Schule. 1964 wurde er General des Nordkommandos und 1966 Leiter der Abteilung für militärische Aufklärung. Im Sechs-Tage-Krieg war er Divisionskommandeur.1969 wurde er General des Südkommandos. 1972 nahm er seinen Abschied vom Militär. 1973 wurde er jedoch für den Yom-Kippur-Krieg in den aktiven Militärdienst zurückberufen.

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