Das kleine Fernsehspiel“ des ZDF zeigt ein künstlerisch herausragendes Programm, anhand dessen man daran erinnert werden könnte, wofür ein öffentlich-rechtlicher Sender einzustehen hätte. Aber es bleibt beim Konjunktiv, denn der spät nachts angesiedelte Sendeplatz hat für die Filme nahezu die Funktion einer Verbannung. Gleiches gilt leider auch für den Film „Straße Nummer Eins“, dessen Erstausstrahlung in der Reihe „Deutschland Dokumentarisch – Gesellschaftsbilder junger Filmemacher“ erfolgt (Mo, 13.11., 0.55 Uhr, ZDF; Wdh. im digitalen ZDF-Doku-Kanal 15.11., 22 Uhr). In dem Film von Oliver Päßler geht es um den Mikrokosmos der deutschen Gesellschaft an einem der ideologisch exponiertesten Orte der deutschen Hauptstadt: den als „Edelplatte“ firmierenden Wohnblock zwischen Bahnhof Alexanderplatz und Rotem Rathaus. Vergebliches Ideal einer neuen Gesellschaft Hier hatte das totalitäre DDR-System das Ideal einer neuen Gemeinschaft erprobt. Die „Straße Nummer Eins“ galt als das sozialistische Vorzeigeobjekt Ostberlins. Über die utopische Perspektive der Architekten, die in ungebrochener Begeisterung von ihrem Auftrag erzählen, kommen die neuen und ehemaligen Mieter zu Wort. Waren die Wohnungen früher ein Privileg für Parteifunktionäre, Akademiker und Künstler, sind hier heute auch viele junge Leute aus dem Westen zu finden. In souveränem Zusammenschnitt verdichten sich die Nahaufnahmen zu einem eindringlichen – sowohl gesellschaftlichem wie historischem – Panorama. Zu Wort kommen – als ehemalige Bewohner – auch die Schriftsteller Thomas Brussig und Helga Schubert.