Jahrelang haben wir uns durch die Springer-Presse gequält. In der Regel strotzen Bild & Co. vor Vergangenheitsbewältigung. Von der ersten bis zur letzten Seite sind sie von der Zeitgeist-Presse nicht zu unterscheiden. Bis auf die wenigen Momente, da es die Springer-Mächtigen für notwendig erachten, eine Kampagne zu fahren, von der sie sich vermutlich mehr Leser versprechen. Jetzt ist mal wieder so ein Zeitpunkt gekommen. Denn in der gesamten Spinger-Presse findet derzeit eine massive Kampagne gegen den EU-Beitritt der Türkei statt. Vor einigen Wochen müssen die Springer-Bosse die Parole ausgegeben haben: "Türkei-Beitritt ist nicht." Seitdem feuern die Tageszeitungen aus allen Rohren. So am vorletzten Wochenende, als die Bild am Sonntag eine große Reportage über die Unterdrückung von Christen brachte ("So werden Christen schikaniert"). Dazu ein knackiges Interview mit Kardinal Lehmann, von dem man solche Töne kaum erwartet hätte ("Von Glaubensfreiheit kann man in der Türkei nicht sprechen"). In der Folgewoche tingelte Lehmann zur Welt/Berliner Morgenpost, wo er sich genauso deutlich äußerte. So etwas ist kein Zufall, sondern hat Methode. Es ist wie im Jahr 2000: Damals gelang es der Springer-Presse binnen weniger Wochen, die unsägliche Reemtsma-Ausstellung zu Fall zu bringen. Vielleicht endet es ja wieder so – und die Gutmenschen müssen vor der Macht von Bild einknicken. Zu wünschen wäre es – nach Jahren der nationalen Selbstkasteiung.