Problemstau, Reformblockade, Handlungsunfähigkeit oder Postenversessenheit sind nur einige der Begriffe, mit denen sich immer wieder unsere politische Klasse konfrontiert sieht. Aber auf einmal ist alles anders. Die deutsche Politik gewinnt ihre Problemlösungskompetenz zurück. Wo? In der Bundestagskantine! Seit Anfang Mai wird zurückgeschossen. Nach unzähligen Demütigungen durch die imperialistische Weltmacht USA schlägt jetzt der Opa vom alten Europa zurück. Im Reichstag wird jetzt deutsch gegessen. Der Antiamerikanismus nimmt nun auch am Eßtisch platz. In einem Land, in dem die Verhunzung der Sprache durch Anglizismen der Alltag ist und eine Pauschalreise nach Tunesien als Inbegriff der Weltläufigkeit gilt, ist das ein beachtlicher Vorgang. Im deutschen Restaurant gibt es dann eine deutsche Küche. Welche Freude muß es den Besuchern im Reichstag bereiten, wenn der Kellner leckere Gerichte aus der Heimat serviert. So wären Schwaben sicher begeistert, wenn sie ihre geliebte Metzelsuppe bekommen würden – für Nichtschwaben: das ist ein Eintopf, der aus Kutteln, Leber, Nieren und Hirn gekocht wird. Auch für die ausländischen Besucher können solche kulinarischen Erfahrungen sehr bildend sein. Statt der französischen Käseplatte ließe sich die hessische Spezialität „Handkäs mit Musik“ servieren. Selbst die ältere Generation aus Ostdeutschland muß nicht zu kurz kommen, wenn „Königsberger Klopse“ auf der Speisekarte stehen. Auch ein kleiner Tribut an die multikulturelle Gesellschaft ist möglich. So könnten die Köche etwa einen Reichstags-Döner kreieren. Schließlich ist dieser inzwischen schon fast eingedeutscht. Vielleicht sollte man ihn wenigstens mit einem anderen Namen versehen. Da es neben Hamburgern auch schon Berliner und Frankfurter gibt, hätte eine Jury leider nicht mehr viel Auswahl zur Verfügung – wie wäre es mit einem „Kölner“?
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