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Eine Klappe für Rex und Mauzi

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Kein bißchen ängstlich habe er geduldig dagesessen und durch die Gitter geschaut. Als Mitarbeiter des Tierheims Lindau kurz nach Sonnenaufgang vorsichtig den Zwinger öffneten, habe sich der etwa vier Jahre alte Schäferhund schwanzwedelnd über seine neue Umgebung gefreut. Die frisch eingerichtete Tierklappe des Tierheims Lindau, eine der ersten offiziell existierenden Tierklappen Deutschlands, hatte mit Rex (Name und Papiere hatte der anonyme Besitzer mitgereicht) ihren ersten Gast. Das System der Tierschutzklappe ist dem der sogenannten Babyklappe nachempfunden. Menschen können sich so anonym von ihrem Tier trennen – anschließend wird es versorgt und an neue Besitzer vermittelt. Edith Krammel, die Vorsitzende des Tierschutzvereins Lin-dau und bundesweit Vorkämpferin der neuen Einrichtung, ist von dem Nutzen der Tierklappe fest überzeugt. Nicht ohne Stolz verweist sie auf Rex, den Schäferhund, der keine Woche später ein neues Herrchen hatte. „Wer weiß, was seine vorherigen Besitzer sonst mit ihm angestellt hätten. Vielleicht hätten sie ihn irgendwo angebunden, wo ihn niemand gefunden hätte.“ Seit Monaten zieht sich eine heftig geführte Debatte über den Sinn und Unsinn von Tierklappen durch deutsche Tierschutzkreise. Die teils erbittert geführte Diskussion steht der um das Vorbild, die Babyklappe, in nichts nach. Nach den ersten Berichten im regionalen Rundfunk und Fernsehen über die neue Klappe protestierten prompt Tierschützer aus Konstanz und Stuttgart. „Damit fördert man die Müll-Mentalität und macht es den Leuten noch einfacher, sich eines Tieres zu entledigen“, so die Leiterin des Stuttgarter Tierheims, Marion Wünn. Davon, so Edith Krammel, könne keine Rede sein. „Deshalb werden doch nicht mehr Tiere abgegeben“, entgegnet sie den Kritikern. „Wir müssen Farbe bekennen und sagen, was uns als Tierschützer lieber ist: Entweder wir bieten mit der Tierklappe die Möglichkeit, daß ein Besitzer – aus welchen Gründen auch immer – sein Tier anonym uns überlassen kann, oder er wird es irgendwo aussetzen. Dann kommt es halt einige Wochen später, meist völlig verwahrlost und menschenscheu zu uns – das erschwert die weitere Vermittlung wesentlich.“ Die 65jährige regt sich sichtlich über irgendwelche „schlau daherredende Bedenkenträger“ auf. „Unsere praktischen Erfahrungen mit der Tierklappe sind bislang ausschließlich positiv!“ Damit spricht Krammel ihre Kernkompetenz an: die Praxis. Während andere debattieren, packt die Tierschützerin an. Beispielsweise wenn eine Tierquälerei bei ihr angezeigt wird. Sie scheut sich dann auch nicht, mit einem Bauern, der doppelt so groß ist wie sie und „Hände wie Apportdeckel“ hat, zu schimpfen, weil er seine Kühe schlecht versorgt, und droht ihm mit dem Amtstierarzt. Für ihr jahrzehntelanges Engagement für den Tierschutz mußte sich Edith Krammel ein dickes Fell und eine gehörige Portion Mut zulegen. Wenn sie anfängt zu erzählen, kommt man als Zuhörer aus dem Staunen nicht mehr heraus. Sie berichtet von Jugendlichen, die auf bestialische Weise ein Reptil mit Zigaretten am ganzen Körper versengten, oder von einer abergläubischen Bäuerin, die ihr Vieh tatsächlich vom Teufel besessen hielt und keinen – auch keinen Tierarzt – an die vor Schmerzen schreienden Kühe (sie waren seit Tagen nicht gemolken worden) ließ. „Es ist unvorstellbar, wozu Menschen fähig sind“, so Krammel. „Wer denkt, an Autobahnraststätten ausgesetzte Hunde und Katzen seien unsere Hauptaufgabe, der irrt leider gewaltig.“ Deshalb, so argumentiert die zweifache Großmutter, helfe die Einrichtung der Tierklappe auf jeden Fall, das Leid der Tiere zu lindern. Der Umgang mit der politischen Öffentlichkeit bereitet ihr keine Probleme. Unterstützung bekommt sie hierbei vor allem von ihrem Ehemann, Helmut Krammel, der als CSU-Politiker und ehemaliger Bürgermeister des Städtchens Lindenberg aus der Westallgäuer Regionalpolitik nicht mehr wegzudenken ist. Furcht vor etwaigen „Reizthemen“ kennen die Krammels daher nicht. Die Tierklappen-Diskussion werde sich „schon bald“ legen, so die Tierschützerin. „Dann zählen nur noch die Ergebnisse.“ Schützenhilfe erhält sie mittlerweile aus der ganzen Republik. „Fanpost“, wie sie lachend sagt, erreicht ihren Verein zuhauf. Ein Tierschutz-Aktivist aus Düsseldorf zum Beispiel ist in einem Brief voll des Lobes über ihre „tolle Idee“. Für die Kritiker aus den eigenen Reihen hat er wenig übrig: „Aber warum dieser, unter Tierschützern bestimmt nicht angebrachte Futterneid?“ fragt er. „Alle, die sich mit Tierschutz befassen, sollten doch wissen: Nur Einigkeit macht stark!“ „Genau das ist auch meine Meinung“, freut sich Krammel über diese markige Unterstützung aus Düsseldorf. Auch früher schon erntete sie viel Lob, aber auch scharfe Kritik. Etwa mit ihrer kompromißlosen Ablehnung des islamischen Schächtens. „Eine der brutalsten Formen der Tierquälerei, die auch noch religiös daherkommt“, so Krammel gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Der Deutsche Tierschutzbund, die Dachorganisation der Tierschutzvereine, steht Tierklappen ebenfalls „skeptisch gegenüber“. In einer Sowohl-als-auch-Erklärung vom Januar diesen Jahres weist der Verband auf die „hohen Anforderungen“ an die Betreiber einer Tierklappe hin. Es dürfe nicht sein, „daß ein Tier mehrere Stunden ohne Versorgung und Ansprache darin aushalten muß“. Dies sei „ohnehin selbstverständlich“, kommentiert Krammel diese Forderung. Unerwartete Unterstützung bekommt der Tierschutzverein Lindau aus dem Norden Deutschlands. Der Bremer Tierschützer und ehemalige CDU-Bürgerschaftsabgeordnete Mathias Henkel zeigte sich gegenüber der jungen freiheit sehr angetan von dieser Idee. „Dies ist auf jeden Fall das geringere Übel“, so Henkel, der im Mai diesen Jahres kurz vor der Bürgerschaftswahl zur Bremer Schill-Partei übertrat. Er werde diese „wertvolle Anregung“ auch in Bremen zur Diskussion stellen, sagt Henkel. Kontakt: Tierschutzverein Lindau, Fraunhofer Str. 40, 88131 Lindau, Tel: 0 83 82 / 723 65, Internet: www.tierheim-lindau.de

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