BERLIN. Die Berliner Staatsanwaltschaft hat ein Ermittlungsverfahren gegen den Chefredakteur von „Nius“, Julian Reichelt, eingeleitet. Ihm wird Volksverhetzung vorgeworfen. Nach Angaben der Behörde geht es um einen Beitrag auf der Plattform X vom April. Darin hatte Reichelt auf einen Bericht der Bild-Zeitung reagiert, laut dem zwei Polizisten aus Oberhausen in den Kokainhandel verwickelt sein sollen.
Weil ich hier auf X prophezeit habe, dass die Polizei von kriminellen Clans unterwandert wird, ermittelt nun die Berliner Staatsanwaltschaft wegen „Volksverhetzung“ gegen mich. Über die Unterwanderung gibt es aber z.B. eine komplette ZDF-Doku aus diesem Jahr mit krassen… https://t.co/469cT2cy2o pic.twitter.com/fsHXmlLQ57
— Julian Reichelt (@jreichelt) October 27, 2025
Der Journalist schrieb, die Polizei werde unterwandert und „in zehn Jahren arabisch dominiert“ sein, wenn man sie „bunter“ machen wolle. Die Staatsanwaltschaft bestätigte gegenüber der Welt, daß Reichelt den Beitrag selbst verfaßt habe. Eine Hausdurchsuchung fand nicht statt, die Ermittlungen dauern an.
Reichelt nennt Vorwurf absurd
Reichelt wies den Vorwurf zurück. Er verwies auf eine ZDF-Dokumentation über die Unterwanderung der Polizei durch kriminelle Clans und sagte, er habe als Journalist häufig mit Polizisten und Mitgliedern von Großfamilien gesprochen. Es sei absurd, daß er für die Benennung solcher Entwicklungen nun strafrechtlich verfolgt werde, sagte Reichelt der Welt. Ohne Meinungsfreiheit seien alle anderen Grundrechte wertlos.
Der frühere Bild-Chefredakteur sprach von „Einschüchterung“. Der Staat habe mehrfach versucht, ihm den Mund zu verbieten. „Es ist alles nur noch furchterregend“, schrieb er auf X. In der Vergangenheit hatte Reichelt unter anderem gegen die Antidiskriminierungsbeauftragte Ferda Ataman sowie vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolge erzielt.
Ermittlungen auch gegen Norbert Bolz
Wenige Tage zuvor war bekanntgeworden, daß die Berliner Staatsanwaltschaft gegen den Publizisten Norbert Bolz wegen Volksverhetzung ermittelt (JF berichtete). Der Medienwissenschaftler hatte auf der Plattform X in Anlehnung an einen taz-Artikel den Satz „Deutschland erwache“ geschrieben. Behörden werten dies als Verwendung einer NS-Parole.
Bolz erklärte, er habe den Satz ironisch gemeint. Die taz habe in einem Beitrag über den AfD-Politiker Björn Höcke geschrieben, „Deutschland erwacht“. Er habe das Wortspiel „woke – erwacht“ aufgreifen wollen. Kritik an dem Vorgehen der Ermittler kam auch von der Tageszeitung selbst. Die taz halte eine Hausdurchsuchung für „unverhältnismäßig“. Politiker verschiedener Couleur teilten diese Einschätzung (JF berichtete).
Das Verfahren gegen Bolz geht auf eine Meldung der hessischen Internetplattform „Hessen gegen Hetze“ zurück, die dem Bundeskriminalamt verdächtige Inhalte meldet. Das Bundesinnenministerium erklärte, man habe mit den Ermittlungen nichts zu tun. Zuständig seien die Landesbehörden. (sv)






