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Pressefreiheit: Gericht hebt „Compact“-Verbot auf

Pressefreiheit: Gericht hebt „Compact“-Verbot auf

Pressefreiheit: Gericht hebt „Compact“-Verbot auf

Wie das Gericht sein Urteil begründet.
Wie das Gericht sein Urteil begründet.
„Compact“-HerausgeberJürgen Elsässer (m.) vor Gericht: Bundesverwaltungsgericht fällt Urteil. Foto: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt
Pressefreiheit
 

Gericht hebt „Compact“-Verbot auf

Sieg für die Pressefreiheit: Das vom Innenministerium ausgesprochene Verbot des „Compact“-Magazins von Jürgen Elsässer wird aufgehoben. Wie das Gericht sein Urteil begründet.
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LEIPZIG. Das Bundesverwaltungsgericht hat das vom Bundesinnenministerium verfügte Verbot der Zeitschrift „Compact“ aufgehoben. Das Magazin kann damit weiter erscheinen. „Das Grundgesetz garantiert auch den Feinden Meinungs- und Vereinigungsfreiheit“, sagte der Vorsitzende Richter Ingo Kraft. Weiter teilte das Gericht mit: „Eine Vielzahl der von der Beklagten als Beleg für den Verbotsgrund angeführten migrationskritischen beziehungsweise migrationsfeindlichen Äußerungen läßt sich danach auch als überspitzte, aber letztlich im Lichte der Kommunikationsgrundrechte zulässige Kritik an der Migrationspolitik deuten.“

Hinzu komme, daß „die rechtspolitische Forderung nach strengeren Einbürgerungsvoraussetzungen und höheren Integrationsanforderungen im Staatsangehörigkeitsrecht für sich genommen nicht als mit der Menschenwürde oder dem Demokratieprinzip unvereinbar zu beanstanden ist“. Auch die Veröffentlichungen zur Corona-Politik oder dem Ukraine-Krieg seien nicht verfassungwidrig. „Die darin generell zum Ausdruck kommende polemisch zugespitzte Machtkritik sowie die von der Klägerin bedienten Verschwörungstheorien und geschichtsrevisionistischen Betrachtungen genießen den Schutz des Art. 5 Abs. 1 GG und vermögen das Vereinsverbot nicht zu rechtfertigen.“

Vereinsverbote gegen Medienerzeugnise grundsätzlich möglich

Dagegen hießen die Richter grundsätzlich gut, daß „Compact“ als Verein verboten wurde. Bei dem Magazin handele es „sich nicht nur um ein Presse- und Medienunternehmen“. Vielmehr verfolge Elsässer „nach seinem eigenen Selbstverständnis eine politische Agenda, organisiert Veranstaltungen sowie Kampagnen und versteht sich als Teil einer Bewegung, für die er auf eine Machtperspektive hinarbeitet“. Das Vereinsgesetz beziehe „ausdrücklich Gesellschaften mit beschränkter Haftung als ’Wirtschaftsvereinigungen’ ein, wenn diese sich – worauf die Verbotsverfügung hier gestützt ist – gegen die verfassungsmäßige Ordnung richten“, urteilte das Gericht.

Die Möglichkeit des Bundesverfassungsgerichtes, Presseerzeugnisse zu verbieten, habe dabei keinen Vorrang gegenüber dem Vereinsverbot als „vorrangiges Instrument des präventiven Verfassungsschutzes“.

Sellners Remigrationskonzept im Mittelpunkt

Scharfe Kritik äußerten die Richter am Remigrationskonzept von Martin Sellner, mit dem sich das „Compact“-Magazin gemein gemacht habe. Sellners Vorstellungen mißachteten, soweit sie zwischen deutschen Staatsangehörigen mit oder ohne Migrationshintergrund unterscheiden, „sowohl durch die Menschenwürde als auch das Demokratieprinzip geschützte egalitäre Verständnis der Staatsangehörigkeit“. Sellner gehe von einer zu bewahrenden „ethnokulturellen “ aus und behandele deshalb deutsche Staatsangehörige mit Migrationshintergrund „als Staatsbürger zweiter Klasse“.

Elsässers vor Gericht vorgetragene Distanzierung von Sellner bezeichneten die Richter als „bloß prozesstaktisches, nicht glaubhaftes Vorbringen“. Dennoch sei ein Vereinsverbot mit „Blick auf das das gesamte Staatshandeln steuernde Prinzip der Verhältnismäßigkeit nur gerechtfertigt, wenn sich die verfassungswidrigen Aktivitäten für die Vereinigung als prägend erweisen“. Dies sei bei „Compact“ allerdings nicht der Fall.

In einer ersten Reaktion zeigte sich „Compact“-Chef Elsässer zufrieden mit dem Urteil. „Das ist eine schallende Ohrfeige für Nancy Faeser. Sieg auf ganzer Linie – Pressefreiheit lässt sich nicht verbieten!“, schrieb er auf X.

Zweifel an Verbot schon in Eilentscheidung

Hintergrund: Die damalige Bundesinnenministerin Nancy Feaser hatte das Magazin 2024 verboten. Eigentlich können Presseerzeugnisse in Deutschland nur vom Bundesverfassungsgericht verboten werden. Faeser nutzte allerdings das Mittel des Vereinsverbot, um das weitere Erscheinen der Zeitschrift zu untersagen. Zugleich ließ sie das Eigentum von Compact beschlagnahmen.

Bereits in einem ersten Eilverfahren hatte das Bundesverwaltungsgericht das Verbot vorläufig gekippt. Laut den Richtern bestünden erhebliche Zweifel, „ob angesichts der mit Blick auf die Meinungs- und Pressefreiheit in weiten Teilen nicht zu beanstandenden Beiträge in den Ausgaben des ‘COMPACT-Magazin für Souveränität’ die Artikel 1 Absatz 1 Grundgesetz verletzenden Passagen für die Ausrichtung der Vereinigung insgesamt derart prägend sind, daß das Verbot unter Verhältnismäßigkeitspunkten gerechtfertigt ist“.

Anstatt eines Verbotes gebe es mildere Mittel um mögliche verfassungsfeindliche Zeitschrift zu verbieten. Beispielsweise könnten die Behörden „presse- und medienrechtliche Maßnahmen, Veranstaltungsverbote, orts- und veranstaltungsbezogene Äußerungsverbote sowie Einschränkungen und Verbote von Versammlungen in den Blick zu nehmen“. (ho)

„Compact“-HerausgeberJürgen Elsässer (m.) vor Gericht: Bundesverwaltungsgericht fällt Urteil. Foto: picture alliance/dpa | Hendrik Schmidt
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