Sinn und Zweck einer Beleidigung ist es gemeinhin, den Adressaten in seiner Ehre zu verletzten. Doch nach den Vorstellungen des sogenannten Content Netzwerks „Funk“ von ARD und ZDF, soll das doch bitteschön „diskriminierungsfrei“ geschehen.
Wenn schon Beleidigungen, dann sollen die Schimpfwörter niemanden „aufgrund von Sexualität, Aussehen, Religion, Behinderung, Bildungsstand, Einkommen, Alter oder ethnischer Herkunft“ diskriminieren. Mit diesem Aufruf wandten sich die Macher am Montag an ihr Zielpublikum aus Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Gar nicht so leicht, da noch „Funk“-konforme Schmähungen zu finden, wenn die offensichtlichen Ziele von Hohn und Spott aus Gründen der Anti-Diskriminierung vermieden werden sollen.
Da die Formate der Öffentlich-Rechtlichen ihren Bildungsauftrag ernst nehmen, erteilte „Funk“ auch gleich noch Nachhilfe, was gar nicht geht. So sollen „Idiot“ und „Asozialer“ wegen ihrer Verwendung im Dritten Reich nicht mehr benutzt werden.
„Funk“-Fans sind offenbar sehr sensibel
Als Beispiele für zeitgemäße Beleidigungen schlägt „Funk“ stattdessen neben „Arsch“, „Scheiße“, „Vollpfosten“ oder „Arschgeige“ auch das fast namens gleiche „Fuck“ vor. Wie leicht man jedoch über die eigenen hohen Ansprüche beim Thema Gossensprache stolpern kann, zeigte sich am Begriff „Warmduscher*in“. In einem ersten Entwurf der auf Instagram veröffentlichten Grafik war die pejorative Bezeichnung für Freunde des wohltemperierten Wasserschauers noch als „diskriminierungsfrei“ geadelt worden.
Doch die „Funk“-Fans sind offenbar sensibler als die Medienmacher. Nachdem es Beschwerden gehagelt hatte, folgte die Korrektur. „In der ersten Variante haben wir den Begriff ‘Warmduscher*in’ als diskriminierungsfreie Alternative aufgezählt. Ihr habt uns darauf aufmerksam gemacht, daß das nicht stimmt. Der Begriff ist homophob und wird als Diskriminierung gegen Schwule verwendet.“ Also ab ins Fach der bösen Beleidigungen, die man nicht mehr sagen darf.
Bei „Funk“ ist man so aufgeweckt und kultursensibel, daß kein Protest in der eigenen Blase zu übertrieben ist, um nicht noch aufgegriffen zu werden. Als es im Instagram-Kanal vergangene Woche um die sogenannte Kotzfrucht Durian aus Südostasien ging, störten sich Nutzer sogleich an der Bezeichnung. Das Wort sei eine respektlose Titulierung für ein Nahrungsmittel, das andere als Delikatesse betrachteten.
„Funk“ stolpert durchs selbstgeschaffene Begriffs-Minenfeld
Der Kotau folgte umgehend und dazu das Eingeständnis, daß der zweifelhafte Titel als „respektlos gegenüber anderen Kulturen angesehen“ werden könnte. Also verschwindet auch dieser Begriff. Aber quasi als Beweis für die eigene Kritikfähigkeit blieb der Post im Gegensatz zu den Beleidigungsaufzählungen unbearbeitet stehen.
Mal sehen, ob sich dadurch nicht doch noch genug Leser verletzt oder traumatisiert fühlen, daß die Selbstzensur in Sack und Asche erfolgt. Es ist gar nicht so leicht, sich diskriminierungsfrei durch das selbstgeschaffene Minenfeld zu bewegen.