Zahlreiche Persönlichkeiten aus den Bereichen Presse, Bildung und Zivilgesellschaft haben einen öffentlichen „Appell an Medienpolitik und Rundfunkanstalten“ unterschrieben, in dem sie „die Existenz unabhängiger öffentlich-rechtlicher Medien in Deutschland und Europa“ unterstützen, aber gleichzeitig mehr „Transparenz und grundlegende, nachhaltige Veränderungen“ bei den Öffentlich-Rechtlichen fordern.
Mit der Initiative „Unsere Medien“ setzen sie sich hinsichtlich des neu zu formulierenden Auftrags von ARD und ZDF für einen „Reformprozeß“ ein, der die „Weiterentwicklung unserer öffentlich-rechtlichen Medien auf eine breite gesellschaftliche Basis stellt und sie so stärkt und zukunftsfest macht“. Die politisch Verantwortlichen müßten den dafür „notwendigen Dialog jetzt in Gang setzen und verstetigen“.
Öffentlich-Rechtliche wichtiger denn je
Um deutliche Sparmaßnahmen oder um mehr Ausgewogenheit und Meinungsfreiheit in der Berichterstattung geht es den Initiatoren dabei allerdings nicht. Sie verlangen vielmehr einen Ausbau der öffentlich-rechtlichen Angebote –„Im digitalen Zeitalter brauchen wir sie noch mehr denn je“ – und zusätzliche Mitspracherechte für Minderheiten.
Denn globale Krisen verstärkten „den Bedarf an Orientierung und verläßlicher Information, frei von wirtschaftlichen oder politischen Interessen“. Ein „Trend der Gegenaufklärung“ untergrabe mit „Agitation, Propaganda und Verschwörungsgeschichten“ zudem „Fakten und rationale Analyse“. Daher sei „ein gemeinsamer, hochwertiger und solidarisch finanzierter Informationsraum besonders wichtig – abseits von kommerziell getriebenen Algorithmen oder den Bezahlschranken exklusiver Anbieter“.
Mehr Diversität
In dem Appell heißt es: „Uns allen gehören die öffentlich-rechtlichen Sender, denn wir finanzieren sie. Ihr breit aufgestelltes und hochwertiges Angebot bleibt für den Erhalt von Demokratie und offener Gesellschaft unerläßlich. Was sie konkret für uns leisten sollen, muß deshalb gemeinsam verhandelt und fortlaufend überprüft werden. Dieser Dialog erfordert geeignete Prozesse und Plattformen und muß alle gesellschaftlichen Gruppen in ihrer Diversität adressieren.“
So bräuchten die Sender eine „Online-Offensive“, eine stärkere „Entwicklungsperspektive im digitalen Raum“, „klare Kriterien zur Zielerreichung“ und eine bessere Abstimmung untereinander. „Dadurch freiwerdende Ressourcen sollen in mehr Vielfalt investiert werden – vor allem in neue digitale Angebote, die alle Teile der Gesellschaft erreichen und widerspiegeln.“
Im Zuge einer Reformagenda sollten die Sender „mehr Möglichkeiten zur Online-Verbreitung“ und die Landtage eine „aktivere Rolle“ erhalten. Ziel einer „Digitalstrategie“ müßte außerdem sein, die „Abhängigkeiten von globalen kommerziellen Plattformen zu reduzieren“ und stattdessen auf „eigene interaktive, vernetzte Plattformen und europäische Kooperationen“ zu setzen. Europa und die Europäische Integration gehörten in dem Zuge „explizit zum Programmauftrag“. Desweiteren müsse der Lokaljournalismus mit „strukturellen Kooperationen“ gefördert werden.
Höherer Rundfunkbeitrag möglich
Entsprechende Investitionen könnten „einen finanziellen Mehrbedarf begründen“, heißt es bezüglich der Debatte um die Entwicklung des Rundfunkbeitrags. „Wem es um die Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien geht, der muß sie für das digitale Zeitalter fit machen und ihnen, auch finanziell, die Möglichkeit geben, sich zu transformieren.“ Allerdings dürfe es keinen Automatismus geben.
Die linke Motivation der Aktion untermauert auch die Liste der Erstunterzeichner. Darunter befinden sich beispielsweise die Vorsitzende der Neuen deutschen Medienmacher*innen, Ferda Ataman, der Autor und Journalist Hasnain Kazim, und der Filmemacher Mario Sixtus.
Der Gründer von Netzpolitik.org, Markus Beckedahl, der CDU-Linke Ruprecht Polenz sowie der Chefredakteur der Neue Gesellschaft/Frankfurter Hefte, Richard Meng, gehören ebenfalls dazu. Darüber hinaus haben bisher knapp 400 Personen den Appell unterschrieben. (gb)