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„Hart aber fair“: Türsteher der Politischen Korrektheit

„Hart aber fair“: Türsteher der Politischen Korrektheit

„Hart aber fair“: Türsteher der Politischen Korrektheit

„Hart aber fair“
„Hart aber fair“
„Hart aber fair“ über Politische Korrektheit Foto: Screenshot WDR
„Hart aber fair“
 

Türsteher der Politischen Korrektheit

Was darf man noch sagen und was besser nicht? Die Frage, die sich viele Deutschen von Tag zu Tag häufiger stellen, war heiß diskutiertes Thema bei „Hart aber fair“. Angenehmer Höhepunkt der Sendung waren aber nicht die Literaten und Philosophen, sondern ein schwarzer Koch, der sich weigert, sein Restaurant umzubenennen.
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Was darf man noch sagen und was besser nicht? Die Frage, die sich viele in Zeiten der rasant um sich greifenden Politischen Korrektheit von Tag zu Tag häufiger stellen, war am Montag abend das große Diskussionsthema bei „Hart aber fair“. Der prominenteste Gast der Runde, Jürgen von der Lippe, durfte selbst bereits am eigenen Leibe erfahren, wie schnell die selbsternannten Guten böse werden, wenn man nur irgendetwas sagt, was nicht nach ihrem hypermoralischen Gusto ist.

Dem Komiker wehte ein heftiger Shitstorm entgegen, als er es einmal wagte, die heilige Madonna des Klimaschutzes, Greta Thunberg, humoristisch auf die Schippe zu nehmen. Daß die Schere im Kopf gerade für seinen Berufsstand tödlich ist, machte der bekennende Bildungsbürger und Hawaiihemden-Liebhaber der alten Schule gleich in seinem Eröffnungsstatement deutlich, indem er Goethe paraphrasierte: „Wenn der Künstler sich dem Sittengesetz unterwirft, kann er sich auch gleich einen Mühlstein um den Hals hängen und sich ersäufen“, sagte von der Lippe unter freier Bezugnahme auf den in Frankfurt geborenen europäischen Freiheitsdichter.

Lohaus: „Cancel Culture existiert nicht“

Andere in der Runde, wie die Publizistin Stefanie Lohaus, scheinen sich mit großer Begeisterung den dicken Brocken der Politischen Korrektheit umzubinden und sich dann so beschwert fröhlich in die Flut aus immer neuen Sprachverboten, persönlicher Befindlichkeiten einzelner oder der Cancel Culture zu stürzen. Wobei letztere laut der Mitbegründerin des feministischen Missy Magazine gar nicht existiere.

Schließlich würden die „Leute, die angeblich gecancelt“ wurden, nach wie vor Geld verdienen. Als Beleg dafür nennt sie mehrere prominente Beispiele aus den USA. Unter anderem R. Kelly, der sogar als Straftäter noch aus dem Gefängnis heraus Geld verdienen könne und den wegen sexueller Belästigung in die Schlagzeilen geratenen US-Comedian Louis C.K., der, obwohl „angeblich“ gecancelt, weiterhin auf Tour gehen könne.

Mal abgesehen davon, daß zwei Beschuldigte von Sexualdelikten nun wirklich so ziemlich die denkbar unsympathischsten Beispiele sind, die sie vorbringen konnte, zieht das Argument natürlich auch generell nicht. Es hat schließlich nie jemand bestritten, daß jeder, der schon eine entsprechende Reichweite hat, auch ohne den Segen der Krieger der sozialen Gerechtigkeit seine alten Fans erreichen und somit auch ein Einkommen generieren kann.

Astrid Lindgren und Holocaustleugnung

Nur fällt dieses eben bei jemandem, der vielerorts nicht mehr auftreten oder seine Werke über keine große Plattform mehr vertreiben darf, bedeutend geringer aus. Übrigens nicht nur, wenn der Grund für seine Verbannung eine Straftat war. Zudem sind derart bekannte Beispiele selbstverständlich nur die für viele sichtbare Spitze des Eisbergs. Darunter verbergen sich unzählige Künstler, die kein Millionenpublikum haben oder deren Karrieren oft mit völlig aus der Luft gegriffenen Vorwürfen im Keim erstickt wurden, noch bevor sie überhaupt die Gelegenheit hatten, sich eine große und treue Fangemeinde aufzubauen.

Ganz zu schweigen von Leuten, die eigentlich gar nicht in der Öffentlichkeit stehen, aber zum Beispiel den Fehler gemacht haben, die falsche Demonstration zu besuchen oder auf ihrem privaten Facebook-Account einen falschen Beitrag geteilt oder gelikt zu haben und danach ihren Job los waren. All das scheint die Autorin, die es laut eigener Aussage liebt, in Gendersprache zu schreiben, nicht zu kennen; oder es gehört für sie zu dem, was sie liebevoll eine „veränderte Kultur im Sinne von wer darf wo wie sprechen“ nennt.

Auch dem Journalisten und Theologen Stephan Anpalagan gefällt die neue Kultur. Obwohl sie für ihn so neu gar nicht ist. Er zieht in Sachen „Grenzen des Sagbaren“ einen großen Bogen von Holocaustleugnung bis hin zu Freiherr von Knigge und vergleicht das Umschreiben von Klassikern der Weltliteratur, wie denen von Astrid Lindgren, mit der Umbenennung von Straßen, die nach Adolf Hitler benannt waren, nach dem Zweiten Weltkrieg. Auch die Tatsache, daß alle, die sich auf einer Party „danebenbenehmen“ und „die falschen Dinge sagen“, eben nicht mehr eingeladen werden, sei nicht neu. Man habe dies früher nur nicht Cancel Culture genannt, sondern „gesunden Menschenverstand“, so der selbsternannte geistige Türsteher.

Denen, die partout nicht nach den neuen Regeln spielen wollen, wird im Laufe der Diskussion immer wieder „rechte Rhetorik“ vorgeworfen. So auch der Philosophin Svenja Flaßpöhler, als sie vor dem Zusammenbruch der liberalen, demokratischen Gesellschaft warnte, in der jeder immer irgendwie gefährdet sei oder sich zumindest so fühle. Der Schriftsteller Jan Weiler stand mit seiner These, die Sprache sei „unschuldig“, jedenfalls ziemlich allein da in einer Runde, in der es nicht nur beim Gendersternchen und Binnen-I mal wieder darum ging, zwischen gerechter und ungerechter Sprache zu unterscheiden.

Höhepunkt der Sendung ist ein schwarzer Koch

Angenehmer Höhepunkt der Sendung war am Ende übrigens kein Literat, kein Medienmacher und auch kein Philosoph, sondern ein Koch. Der in Nigeria geborene Betreiber des Restaurants „Zum Mohrenkopf“ in Kiel, Andrew Onuegbu, verwehrte sich gegen Forderungen von Gutmenschen jeglicher Hautfarbe, sein Restaurant umzubenennen.

Daß für deren Vertreter in der Sendung von Frank Plasberg die Meinung des schwarzen Unternehmers weniger wert war als die Verlautbarungen anderer Schwarzer wie die der „Initiative Schwarze Menschen in Deutschland“, die sich anmaßt, als ultimativer Interessenvertreter letztlich auch für den afrikanischen Koch sprechen zu können, machte einmal mehr deutlich, daß es den vermeintlichen Beschützern der Minderheiten eben in Wahrheit in erster Linie um die Macht über die Mehrheit geht.

„Hart aber fair“ über Politische Korrektheit Foto: Screenshot WDR
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