Vor bald zwei Jahren, am 1. Januar 2018, endete die Übergangsfrist des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes, innerhalb derer Facebook und Co. ihre Strukturen dem NetzDG anpassen mußten. Angesichts der Absurdität der seitdem ablaufenden täglichen Zensur in den sozialen Netzwerken geraten einzelne Erfolge im Ringen um die Meinungsfreiheit öfter in den Hintergrund.
Insbesondere in den vergangenen Wochen konnte die Initiative „Meinungsfreiheit im Netz“ einige juristische Siege erzielen. Ende November konnte Medienanwalt Joachim Steinhöfel vor dem Landgericht Dresden gleich zwei einstweilige Verfügungen erwirken. Im ersten Fall wollte der Autor des Blogs „Achse des Guten“ Stefan Klinkigt auf Facebook einen Focus-Artikel teilen, in dem der libysche Ministerpräsident vor „IS-Kämpfern auf Flüchtlingsbooten“ warnt.
Doch das US-Unternehmen blockierte die Verbreitung des Artikels, „um die Sicherheit von Facebook zu gewährleisten“ und löschte den Link. Das Dresdner Gericht verbot dem Netzwerk letztlich, Klinkigt daran zu hindern, den Online-Text zu verbreiten, und wies auch einen Widerspruch Facebooks zurück.
Skurrile Fälle
Im zweiten Fall kommentierte ein Mandant den von einem anderen Nutzer veröffentlichten tag24-Artikel „Klimawandel: Emma (18) will die Welt dazu bringen, keine Kinder mehr zu bekommen“ und schrieb: „‘Die Welt’ interessiert sich zum Glück einen feuchten Kehricht für die Ansichten von 18jährigen Emmas. Die bauen Atomkraftwerke, wenn sie der Ansicht sind, CO2-Emissionen reduzieren zu müssen, und wenn die Bevölkerung wächst, dann sorgt man eben dafür, daß die landwirtschaftlichen Erträge durch moderne Methoden steigen. Keiner ist so dämlich wie die Deutschen, in einer vorindustriellen Agrargesellschaft eine ‘Zukunft’ zu sehen und dafür seinen Wohlstand, seine Schlüsselindustrien und seine Natur zu opfern, um sie vielleicht in 20 oder 40 Jahren dadurch angeblich zu schützen.“
Facebook stufte die Äußerungen als „Haßrede“ ein, löschte den Kommentar und sperrte seinen Verfasser für 24 Stunden. In der Verhandlung vor dem Landgericht Dresden stellten die Richter allerdings fest, daß der Beitrag „wohl von der Meinungsfreiheit gedeckt sein dürfte, Schmähkritik auch im Ansatz nicht zu erkennen ist und auch eine ‘Haßrede’ nicht ersichtlich ist“.
Skurril auch der Fall des „Achse des Guten“-Mitarbeiters Felix Perrefort. Dieser hatte Anfang Dezember 2018 einen Beitrag des Facebook-Profils „Antifa Kampfausbildung“ geteilt und scharf kritisiert, in dem sich über einen tätlichen Angriff auf Tommy Robinson in London lustig gemacht wird. Doch anstatt den Account mit dem vielsagenden, gewaltverherrlichenden Namen ins Visier zu nehmen, löschte Facebook neun Monate später Perreforts Beitrag.
„Facebook löscht jedwede Beiträge, in denen bestimmte Namen vorkommen“
Der Vorwurf von „Meinungsfreiheit im Netz“: „Offenbar löscht Facebook jedwede Beiträge, in denen bestimmte Namen vorkommen, kategorisch.“ Das Berliner Landgericht sah dies ähnlich und erließ eine einstweilige Verfügung.
Auch in einem Verfahren vor dem Landgericht Mannheim strebt Steinhöfel nun eine richterliche Klärung an. „Meinungsfreiheit im Netz“ hält die ausgelagerte „Faktencheck“-Methode Facebooks, bei der das „Recherchezentrum“ Correctiv für das soziale Netzwerk Beiträge prüft und gegebenenfalls markiert, für rechtswidrig. In dem konkreten Fall geht es um einen Online-Artikel von Tichys Einblick (TE) über einen offenen Brief an UN-Generalsekretär António Manuel de Oliveira Guterres, in dem mittlerweile über 700 Wissenschaftler vor der aktuellen Klimahysterie warnen.
Correctiv, das dem Brief in einem eigenen Online-Text Mängel vorwirft, hatte den TE-Beitrag auf Facebook mit einer Kennzeichnung beim Teil-Vorgang versehen, nach der die „Behauptungen teils falsch“ seien. „Correctiv ist kein neutraler Faktenchecker, sondern jedenfalls hier ein journalistischer Söldner, der durch die von uns gerichtlich angegriffene Methode des ‘Faktenchecks’ seine ideologischen Überzeugungen unter Ausnutzung der strukturellen Überlegenheit eines Monopolisten (Facebook) und unter Verstoß gegen die Grundrechte der Betroffenen rechtswidrig durchsetzen will und kann“, betont Steinhöfel.
Rechtsweg führt nicht immer zum Erfolg
Daß der Rechtsweg nicht immer zum Erfolg führt, mußte indes die Initiative „Ein Prozent e.V.“ erfahren. Vor dem Landgericht Görlitz scheiterte Ende November ihr Eilantrag auf eine einstweilige Verfügung gegen Facebook und Instagram. Ende August kurz vor den Landtagswahlen in Brandenburg und Sachsen hatten die beiden Plattformen sämtliche „Ein Prozent“-Profile gelöscht. Damit nehme man „einen politischen Verein in Gänze aus dem Rennen.
Die Meinungsfreiheit in Deutschland wird massiv beschränkt“, hatte ein Anwalt der Initiative am Rande der Verhandlung erklärt. Facebook argumentierte, „Ein Prozent“ unterhalte Verbindungen zur Identitären Bewegung und unterstütze diese. Daß das Görlitzer Gericht dem folgte, „ist die Rückkehr der Kontaktschuld auf die juristische Bühne“, kritisierte „Ein Prozent“-Vorsitzender Philip Stein und kündigte an, Berufung beim Oberlandesgericht Dresden einzureichen.
JF 51/19