Der Protagonist ist ein später Boomer. Max Grund kommt aus einer Generation, in der die Aufstiegsverheißung kein leeres Gewäsch war. Aus einer relativ bildungsfernen Arbeiterfamilie stammend, schafft er den sozialen Durchmarsch in höhere Sphären, ist fleißig und karrierebewußt, heiratet und zieht drei Kinder mit groß, die nun bereits eigene Wege gehen. Politisch ist Grund zwar nicht desinteressiert, liest die zwei Tageszeitungen – wegen der Ausgewogenheit eine eher konservative und eine eher sozialdemokratische –, aber vor allem, um mitreden zu können.
Gedankenlos vertraut er lange Zeit der „Tagesschau“ und glaubt auch, daß im Zweifelsfall bei der Wahl, die der staatsbewußte Bürger als Pflicht annimmt, ein Kreuz bei CDU oder FDP am wenigsten Schaden anrichtet. Max Grund liebt Ordnung und noch mehr Statistiken, und über die konzentrierte IT-Arbeit an seinem Laptop nimmt er zwar gewisse politische Merkwürdigkeiten wahr, die ihm gesellschaftlich als „common sense“ verkauft werden, ihm jedoch nicht logisch erscheinen. Er muckt aber nicht groß auf.
Doch irgendwann kommt er nicht mehr mit. Jede Diskussion, die für ihn „elementar für die demokratische Willensbildung“ ist, scheint sich plötzlich weit von jener fest geglaubten Gemeinschaftskunde-Weisheit zu entfernen, der seine innere Stimme folgen möchte. „Die fehlende Fähigkeit, ja der fehlende Wille zu einem konstruktiven, wohlwollenden Duell der Argumente sind ein enormes Problem“, stellt er fest.
Da helfen weder Schmidt noch Scholl-Latour
Es gibt plötzlich nur noch richtig oder falsch, in den Medien besonders penetrant, aber selbst im privaten und beruflichen Rahmen. Und das ist schlecht für Grund, weil seine Antworten manchmal „vor politischer Unkorrektheit nur so strotzen“.
Über das „Diktat des Guten“, für das sich „der Westen“ weltweit aufspielt, über undemokratische Strukturen innerhalb der EU, über die offenkundige Verlogenheit in der Klimapolitik, wenn der „riesige CO2-Rucksack aus der Batterieherstellung ‘elegant’ nach China ausgelagert wird“, um hierzulande mit moralisch gutem Gewissen mit Elektro-SUV über die Straßen zu cruisen. Auch die mangelnde Fairneß gegenüber der AfD, die er zwar nicht mag, aber keinesfalls für faschistisch hält, behagt ihm nicht und steigert seinen Frust. Da helfen selbst seine Leitbilder aus früheren Tagen wie Helmut Schmidt oder Peter Scholl-Latour nicht mehr. Sie sind lange tot und taugen kaum noch als argumentative Kronzeugen.
Er begehrt dagegen auf, aber sein Bekenntnismut bringt ihn immer mehr in Bedrängnis. Eine mißverstandene Äußerung in den sozialen Medien gefährdet seine berufliche Reputation, die Situation spitzt sich zu, bis ihm irgendwann jemand einen Dienstausweis entgegenhält.