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Marc Jongen, ESN Fraktion
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Buchrezension: Mutterschaft – die Hingabe als Arbeitsauftrag

Buchrezension: Mutterschaft – die Hingabe als Arbeitsauftrag

Buchrezension: Mutterschaft – die Hingabe als Arbeitsauftrag

Mutterschaft: Ein Kind, gekleidet in ein violettes Kleid, sitzt auf einem Schaukelpferd (Symbolbild)
Mutterschaft: Ein Kind, gekleidet in ein violettes Kleid, sitzt auf einem Schaukelpferd (Symbolbild)
Ein Kind sitzt auf einem Schaukelpferd (Symbolbild) Foto: picture alliance/dpa | Hannes P Albert
Buchrezension
 

Mutterschaft – die Hingabe als Arbeitsauftrag

Ohne antifemistischen Furor oder kitschige Verklärungen: Victoria Bonelli hat ein lesenswertes Buch über ihre erfüllende Tätigkeit als „Vollzeitmutter“ geschrieben.
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Unwort, Umfrage, Alternativ

Victoria Bonelli hat fünf Buben zwischen zwei und acht Jahren und ist rund um die Uhr beschäftigt. Da kommt man nicht auf die Idee, ein Buch zu schreiben. Die studierte Kommunikationswissenschaftlerin kümmert sich um ihren Mann, ihre Kinder und den Haushalt und strahlt dabei solch eine Zufriedenheit aus, daß sie das Haus Bonelli – ihr Mann Raphael ist ein bekannter Psychiater – in eine Sphäre der Harmonie verwandelt.

Die Buchidee hatte ein Verleger, der bei den Bonellis oft zu Gast war und einiges an Familienalltag mitbekommen hatte. „Was er sah, war, wie er sagte, so schön und harmonisch, so vom Aussterben bedroht und gleichzeitig eine scheinbar utopische Sehnsucht so vieler Menschen, daß er irgendwann darüber ein Buch machen wollte“, erinnert sich Bonelli. Der Verleger hatte einen guten Riecher. Victoria Bonellis erstes Buch „Vollzeitmutter. Der wichtigste Beruf der Welt“ ist ein Bestseller.

Die sympathische Mutter gibt weder die Antifeministin noch verfällt sie in Rechtfertigungen oder will ihre Vorstellungen zwanghaft an die Frau bringen. Sie erzählt einfach. Sie erzählt, was sie beobachtet und bewegt, was sie denkt und fühlt, was sie geprägt und was sie als richtig erkannt hat. Frau Bonelli erzählt, wie sie Herrn Bonellis Frau geworden ist und warum sie das auch bleiben möchte. „Eines meiner Lieblingswörter ist ‘Hingabe’,“ schreibt sie, „die Gabe, das Geschenk seiner selbst, und ich bin überzeugt, daß die meisten Menschen Sehnsucht danach haben, sich hinzugeben.“ Hingabe? Klingt ein wenig nach „Stolz und Vorurteil“ und dem schmachtenden Liebesgeständnis eines Mr. Darcy.

Mann und Frau werden „am Du zum Ich“

Doch eigentlich geht es um viel mehr, und zwar um die Zeit, die auf so eine Liebeserklärung folgt. Es ist ein Entwicklungsprozeß, bis Mann und Frau „am Du zum Ich werden“. Dem Entwicklungsprozeß geht eine Entscheidung des Herzens voraus, die man „Liebe“ nennt, und die mit dem Ehegelübde besiegelt wird. Das sind die Einsichten, um die es Bonelli geht. Das Muttersein in der Überzeugung, der wichtigsten Berufung nachzugehen, ist die Konsequenz dieser Liebe. Keines der fünf Kinder mußte in eine Krippe.

Die Hingabe ordnet auch im Alltag die Prioritäten. Die bald Sechsfachmama schreibt, wie sie ihren Kindern trotz Streß ruhig in die Augen sieht, wenn sie ihr ganz aufgeregt etwas erzählen, und wie ihr Mann ihr, wann immer möglich, die Kinder abnimmt. Weder erstickt sie den Leser mit utopischer Familienidylle, noch stellt sie vollgekotzte Kinderklamotten, Wäscheberge, Streß und Frust als ihre liebsten Glücksmomente dar.

Es scheint eher so, als ob Anekdoten, wie jene, in der die fünf Jungen schick angezogen hinten in der Familienkutsche sitzen und plötzlich ihr Innerstes nach außen kehren, und in der nicht sie, sondern ihr Mann die Nerven behält, erst durch den Rückblick an Bedeutung gewinnen. Wenn zwischen Mann und Frau die „Geheimnisse der Liebe“ offen gelebt werden, liegt besonders im Alltag das wahre Glück verborgen.

Victoria Bonelli: Vollzeitmutter. Der wichtigste Beruf der Welt. 224 Seiten, edition a, Jetzt im JF-Buchdienst bestellen
Victoria Bonelli: Vollzeitmutter. Der wichtigste Beruf der Welt. 224 Seiten, edition a, Jetzt im JF-Buchdienst bestellen

Die Bonellis „halten die Klappe“, bis die Wut verraucht ist

„Die Hierarchie der Liebe, die wirklich funktioniert, hat Gott an erster Stelle“, betont Bonelli. „Dann kommt der Ehepartner. Dann erst die Kinder. Und dann lange nichts.“ Die Rollenverteilung sei klar geregelt. „Mein Mann bringt das Geld nach Hause, und ich bleibe bei den Kindern“, erzählt Bonelli. „Wenn er zu Hause ist, dann freue ich mich, wenn er Zeit mit den Kindern verbringt, aber ich belaste ihn nicht mit Haushaltsaufgaben.“ Manch eine Leserin wird bei solchen Sätzen Schnappatmung bekommen, doch beim Lesen von Kapiteln, die überschrieben sind mit „Bitte – Danke – Entschuldigung“ oder „Aufgabenverteilung zwischen Mann und Frau“ erweckt Bonelli nicht den Eindruck, als wäre sie nicht emanzipiert genug, festzustellen, was für ihren Mann das Beste sei.

Die Aufgaben müßten klar abgesprochen werden, da Konflikte sonst unausweichlich seien. Als Scheidungskind weiß Bonelli, wovon sie spricht. Es gebe keine „gesunde Streitkultur“. Streit bedeute Verletzung und Erniedrigung. „Immer“ und „nie“ seien dann die Killerwörter. Die Bonellis werden leise, wenn sie sauer sind, und „halten die Klappe“, bis die Wut verraucht ist.

„Selbst der beste Ehemann von allen hat handfeste Fehler“

Konflikte räumen sie in ruhigen Gesprächen auf Augenhöhe aus dem Weg. Die eigenen Fehler erkennen und die des Ehepartners verzeihen, auch das ist Hingabe. „Selbst der beste Ehemann von allen hat handfeste Fehler (die ich ihm aber nicht über ein Buch ausrichten werde)“, schreibt Victoria über Raphael. Sie seien ein Paar, das sich noch nie ernsthaft gestritten hat, schon gar nicht vor den Kindern.

Wenn ihre Schilderungen die eigene Familie verlassen und sie über die Ursachen für zerbrochene Familien und egozentrische Lebensentwürfe nachdenkt, tut sie das nicht vom Podest der Glückseligen herab. Prägende Begegnungen hätten aus ihrem einst karrierebedachten Ich eine bessere Version ihrer selbst gemacht. „Ich wurde damals tief beschenkt und konnte so mein ehrgeiziges Leben ganz neu ausrichten“, schreibt Bonelli. „Dieses Geschenk, das ich empfangen durfte“ wolle sie weitergeben und die Arbeit der Hausfrau würdigen. Doch nicht wegen der Hausarbeit sei sie gerne zu Hause, sondern wegen der Kinder.

JF 24/24

Ein Kind sitzt auf einem Schaukelpferd (Symbolbild) Foto: picture alliance/dpa | Hannes P Albert
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