HAMBURG. Nach einem gewalttätigen Angriff bei einer Antisemitismus-Vorlesung hat ein Hamburger Amtsgericht am Montag eine 27jährige Somalierin zu zehn Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Das bestätigte eine Sprecherin der Hamburger Justiz gegenüber der JUNGEN FREIHEIT. Die Angeklagte wurde demnach unter anderem wegen Beleidigung in Tateinheit mit Körperverletzung für schuldig befunden.
Das Strafmaß entspricht der Forderung der Staatsanwaltschaft. Der Anwalt der Somalierin kündigte an, in Berufung zu gehen, berichtet der NDR. Die Kopftuchträgerin hatte im Mai 2024 an der Universität Hamburg eine Frau nach einer Vorlesung zum Thema „Judenfeindlichkeit, Antisemitismus, Antizionismus“ attackiert.
Opfer klagte über Gehirnerschütterung und Taubheit
Bei dem 56jährigen Opfer handelt es sich um die Ehefrau eines Mannes, der in die Organisation der Antisemitismus-Vorlesung involviert war. Sie ist zudem Mitglied im Vorstand der Deutsch-Israelischen Gesellschaft (DIG) Hamburg. Nach ihrer Darstellung war die Situation direkt nach der Vorlesung eskaliert. Demnach wurde der Mann des Opfers von pro-palästinensischen Aktivisten umlagert, wie das Hamburger Abendblatt damals berichtete.
Das Opfer selbst sei dann als Ehefrau geoutet worden. Die Somalierin habe sie anschließend als „Hexe“ bezeichnet und gesagt: „Dein Gesicht sieht aus, als ob ein LKW darübergefahren wäre.“ Das Opfer habe die Somalierin dann filmen wollen. Die habe sie dann gewürgt. „Ich habe versucht, mich dem Griff zu entziehen, aber der war sehr hart. Ich habe ihr dabei wohl leicht in die Hand gebissen, um mich zu befreien.“ Anschließend habe die Angreiferin sie mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Auch als sie am Boden gelegen habe, habe sie noch Tritte und Schläge abbekommen.
Das Opfer erlitt nach eigener Angabe eine „massive Gehirnerschütterung“ und „starke Kopfschmerzen“. Nach der Tat klagte sie zudem über Schmerzen im Brustkorb und ein Taubheitsgefühle in der linken Körperhälfte. Die Verteidigung bestritt ihre Darstellung. Allerdings wurde die somalische Täterin einige Monate später laut Staatsanwaltschaft erneut auffällig, als sie am Rande eines israelfeindlichen Protestcamps Polizeibeamte schlug, trat und beleidigte.
Libanese wehrt sich gegen Urteil im Berliner Antisemitismus-Prozeß
Der Präsident der Uni Hamburg, Hauke Heekeren, zeigte sich nach dem Angriff bei der Vorlesung „zutiefst erschüttert“ und sprach von Antisemitismus. Die Somalierin ist keine Studentin an der Uni Hamburg. Der Hamburger Antisemitismusbeauftragte Stefan Hensel mahnte im Vorfeld der Urteilsverkündung vom Montag, der Fall stehe „exemplarisch für eine traurige Entwicklung: Jüdinnen und Juden – und alle, die sich mit ihnen solidarisch zeigen – sind in Deutschland wieder massiv bedroht“.
Derweil dürfte der Prozeß rund um einen mutmaßlich antisemitisch motivierten tätlichen Angriff auf den Studenten Lahav Schapira in Berlin in eine weitere Runde gehen. Anfang April hatte das Amtsgericht Tiergarten einen Libanesen wegen gefährlicher Körperverletzung zu drei Jahren Haft ohne Bewährung verurteilt. Der Verteidiger des Angeklagten gab am Montag gegenüber der Welt an, Rechtsmittel eingelegt zu haben. Das Strafmaß sei „unangemessen hoch“. (ser)