KELKHEIM. Die Verfolgung von Christen aufgrund ihres Glaubens hat international einen neuen Höhepunkt erreicht. „Wir schreiben das Jahr 2024 und müssen eine schier entfesselte Gewalt erleben“, zeigte sich der Leiter des christlichen Hilfswerks Open Doors Deutschland, Markus Rode, am Mittwoch alarmiert.
Anlaß ist der Weltverfolgungsindex von Anfang Oktober 2022 bis Ende September 2023, den die Organisation nun veröffentlicht hat. Die Zahlen zeichnen ein düsteres Bild vom Umgang mit Anhängern der besagten religiösen Gruppe, die insgesamt mehr als zwei Milliarden Menschen umfaßt. Weltweit würden Zehntausende von ihnen vertrieben, geschlagen, ermordet oder verschwänden in Arbeitslagern und dunklen Kerkern, mahnte Rode.
Zahlreiche Morde, Angriffe und Vertreibungen
Allein im Berichtszeitraum wurden fast 5.000 Christen weltweit für die Ausübung ihres Glaubens getötet. Open Doors vermutet die Dunkelziffer noch deutlich höher, Konflikte erschwerten aber die Dokumentation solcher Taten. Im Zeitraum des vorherigen Berichts waren 5.621 Christen wegen ihres Glauben getötet worden.
Fast 43.000 Gläubige hätten zudem körperliche Gewalt oder Todesdrohungen erlebt. Besonders rasant gestiegen seien die Angriffe auf Häuser von Christen. Gegenüber dem Vorjahreszeitraum hätten solche Vorfälle um 371 Prozent zugenommen, von rund 4.500 auf etwa 21.500. Mehr als doppelt so viele Menschen seien zudem aus ihren Häusern vertrieben worden oder mußten offenbar abtauchen. Konkret habe sich die Zahl von rund 124.000 auf knapp 279.000 erhöht.
Attacken auf Kirchen schießen in die Höhe
Ferner würden Kirchen attackiert oder direkt geschlossen. Teils von Extremisten, mitunter aber auch von den Regierungen selbst. Das Niveau liege auf einem neuen Höchstmaß. Am dramatischsten sei die Lage in China, Indien, Nigeria, Nicaragua, Äthiopien, Ruanda, Sudan, Burkina Faso, Niger und Angola.
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Doch auch in Europa verzeichneten die Behörden im vergangenen Jahr einige Fälle von Feindseligkeit gegenüber Christen. So beschimpften im vergangenen März Jugendliche Gottesdienstbesucher in München und skandierten „Allahu Akbar“. Zuvor hatte ein Marokkaner in Spanien Gläubige in einer Kirche aufgefordert, dem Islam beizutreten, und schließlich einen Küster mit einer Machete getötet sowie den Priester mit einer Stichwunde schwer am Hals verletzt.
In diesem Land werden Gläubige am stärksten verfolgt
Eine Karte von Open Doors zeigt, in welchen 50 Ländern Christen im Berichtszeitraum am stärksten betroffen waren. Ganz oben rangiert Nordkorea. Dort gebe es keine Religions- und Glaubensfreiheit. „Werden Christen entdeckt, deportiert man sie und ihre Familien als politische Verbrecher in Arbeitslager oder tötet sie auf der Stelle. Treffen mit anderen Christen sind daher fast unmöglich und können nur unter strengster Geheimhaltung stattfinden“, heißt es vom Hilfswerk.
Auf den Plätzen zwei bis fünf folgen die islamisch dominierten Staaten Somalia, Libyen, Eritrea und Jemen. Die Terrororganisation Al-Shabaab in Somalia, die eine strenge Form der Scharia vertrete, habe es sich selbsterklärt zur Aufgabe gemacht, „Christen zu eliminieren“. In Libyen gehe der Druck oft von der eigenen, moslemischen Familie aus, die einen Glaubensübertritt zum Christentum als Verrat werte.
In Eritrea weigere sich derweil die Regierung, bestimmte christliche Gruppen anzuerkennen, und schrecke auch vor gewaltsamen Sanktionen nicht zurück. Auch in Nigeria herrsche ein gefährliches Klima. Christen litten dort „unter einer zermürbenden Kombination aus islamischer Unterdrückung, ethnisch-religiösen Anfeindungen, diktatorischer Paranoia und organisiertem Verbrechen und Korruption“, gab Open Doors zu bedenken. Neun von zehn religiös motivierten Tötungen in Afrika entfielen auf dieses Land.
Christenverfolgung in Lateinamerika nimmt rasant zu
Doch nicht nur in der Subsahara werde jeglicher christlicher Einfluß erstickt. Besonders drastisch habe sich auch die Lage in Lateinamerika verschlechtert. Am rasantesten in Nicaragua.
Dort herrsche eine zunehmend offene Feindseligkeit der Regierung gegenüber den Kirchen. „Wer die Unterdrückung der freien Meinungsäußerung durch die Regierung kritisiert – gleichgültig ob aus religiösen oder anderen Beweggründen – wird verhaftet“, warnt das Hilfswerk in seinem Bericht. Universitäten verlören ihre Zulassung, Immobilien und Medien in christlichem Besitz würden beschlagnahmt und Priester und Bischöfe der Spionage beschuldigt.
Den schlechtesten Platz unter den lateinamerikanischen Ländern belegt allerdings Kuba. Dort gehe der Druck von den kommunistischen Diktaturen aus. Die Partei PCC versuche, die Kirche gemäß ihrer kommunistischen Ideologie zu kontrollieren. Wenn Leiter von Kirchen und Gemeinden oder christliche Engagierte das Regime kritisierten, müßten sie mit Verhaftungen, Verleumdungskampagnen, Mobilitätseinschränkungen, Gefängnisstrafen oder Schikanen durch die Regierung und ihre Sympathisanten rechnen. (zit)