Die halbe Welt wartet auf den Super Bowl. Nach den zurückliegenden Playoffs stehen sich am 14. Februar die letzten beiden verbliebenen Teams der amerikanischen Nationalen Football-Liga NFL gegenüber: Die überraschenden Außenseiter Cincinnati Bengals treffen auf die Los Angeles Rams. Im vergangenen Jahr verfolgten etwa 2,3 Millionen deutsche Zuschauer das Megaevent vor ihren Bildschirmen – und das nicht allein wegen der musikalischen Halbzeitshow-Darbietung. Das von ProSieben übertragene Spiel erreichte damit einen Marktanteil von über 50 Prozent.
Die Zahlen beweisen: American Football ist längst auch hierzulande angekommen. Die Namen von Superstars wie Tom Brady und Patrick Mahomes sind gerade der jungen Generation keine unbekannten. Deutschland hat sich damit für die bekannteste Sport-Liga der Welt zum lukrativen Markt entwickelt. Die Franchises haben bereits die Fühler ausgestreckt: Im Dezember sicherten sich gleich vier Teams die Vermarktungsrechte für die NFL in Deutschland.
Für die New England Patriots, die Tampa Bay Buccaneers, die Kansas City Chiefs und die Carolina Panthers ergibt sich daraus die Möglichkeit, die Präsenz auf dem deutschen Markt zu verstärken. Dazu gehören spezielle Fan-Events, der Social-Media-Auftritt, Merchandise-Verkäufe, aber auch Deals mit deutschen Sponsoren. „Durch diese Aktionen wollen wir unseren Wert, die Wahrnehmung, das Interesse steigern. Bei den Fans und natürlich auch möglichen Business-Partnern“, sagte Chiefs-Präsident Mark Donovan im Gespräch mit deutschen Journalisten.
Mehrere Städte wollen Austragungsort werden
Auf den verkauften Trikots der NFL-Teams prangen seit Jahren immer häufiger deutsche Spielernamen. Nicht selten finden sie über das seit 2016 bestehende International Pathway Program ihren Weg in die Liga. Dieses dient als Rekrutierungsapparat für die Liga und erhöht die Zahl möglicher Talente außerhalb der Vereinigten Staaten. Einer, der sich auf diesem Förderweg durchgesetzt hat, ist Jakob Johnson. Der 27jährige Stuttgarter unterschrieb 2019 seinen Vertrag bei den New England Patriots. Auf der Position des Fullbacks, also Vorblockers, hat er mittlerweile seinen Platz im Team aus Massachusetts gefunden und erreichte 2020 Historisches. Als erster deutscher Offensivspieler erzielte er einen Touchdown für seine Mannschaft.
Aktuell es ist jedoch nicht Johnson, der für Furore sorgt, sondern der Deutsch-Amerikaner Amon-Ra St. Brown. Der jüngere Bruder von Green-BayPackers-Spieler Equanimeous St. Brown schaffte 2021 den Sprung in die National Football League und unterschrieb bei den Detroit Lions. Im Dezember wurde er gleich zum „Rookie“ des Monats gewählt und schnappte sich den Rekord für die meisten gefangenen Yards als Rookie-Spieler in der Geschichte der Lions. Auch er selbst scheint zufrieden: „I hope I gave the City of Detroit something to look forward to every Sunday“, schrieb er bei Instagram.
Die steigende Popularität des Sports in der Bundesrepublik – mit zahlreichen deutschen Teams wie Berlin Adler – veranlaßte die NFL schließlich dazu, auch in Deutschland ein Ligaspiel zu veranstalten. Als Austragungsorte bewarben sich die Städte Düsseldorf, Frankfurt und München. Den beiden letztgenannten werden im Rennen die größten Chancen zugerechnet. Nachdem der Stadtrat Münchens bereits für eine Austragung des inländischen Football-Highlights in der Allianz Arena stimmte, schwärmte auch Frankfurts Sport- und Planungsdezernent Mike Josef ( SPD) für ein Spiel in der hessischen Metropole: „Wir könnten ökonomisch und ideell von den Spielen enorm profitieren: Frankfurt würde zu einem wichtigen Reiseziel für internationale Fans. Hotels, Gastronomie und Einzelhandel könnten in den Tagen um das Spiel mit Umsatzsteigerungen rechnen.“
Spiele laufen auf deutschem Sender
Besonders risikobehaftet scheint das Vorhaben nicht. In den vergangenen Jahren strömten Tausende deutsche Footballfans sogar zu den NFL Games in London, um einen Blick auf ihre Stars zu erhaschen. Die finale Entscheidung, wer den Zuschlag erhält, soll kurz vor dem Super Bowl verkündet werden. Bis zum Spiel im Herbst oder Winter können Fans die Zeit mit inländischem Football überbrücken.
In der 2020 neu gegründeten European League of Football kommen allein sieben von zwölf Teams aus Deutschland. Hinzu kommen zwei österreichische Franchises, und jeweils eine aus der Türkei, Polen und Spanien. Die Anzahl der Mannschaften soll sich in den nächsten Jahren noch weiter erhöhen. Alle Spiele werden nach den Regeln der National Football League ausgetragen und fanden bereits den Weg ins deutsche TV. ProSieben Maxx sicherte sich die exklusiven Übertragungsrechte und zeigte unter anderem das Liga-Finale in Düsseldorf.
Damit hat der Sender sein Portfolio in der körperbetonten Sportart ausgebaut: In der regulären NFL-Saison zeigt Maxx jeden Sonntag insgesamt drei Spiele und übertrug zusätzlich wöchentlich College-Football. In der Merkur Spiel-Arena in Düsseldorf schauten über 20.000 Zuschauer den 32:30-Sieg von Frankfurt Galaxy über die Hamburg Sea Devils. Im Gegensatz zu den hohen Zuschauerzahlen der amerikanischen Teams wirkt das kümmerlich, der aufstrebende deutsche Football-Markt hat sein Limit jedoch noch längst nicht erreicht.
JF 07/22