KASSEL. Der Geschäftsführer des Vereins Deutsche Sprache (VDS), Holger Klatte, hat der Universität Kassel vorgeworfen, das Ergebnis eines Gutachtens zur Gendersprache bei Prüfungen bewußt zurückzuhalten. „Die Uni Kassel möchte offenbar allein die Deutungshoheit über ein Gutachten behalten; das ist ungewöhnlich, zumal eine wissenschaftliche Auseinandersetzung Transparenz voraussetzt“, kritisierte er.
„Es geht hier nicht um Geheimnisse, die die nationale Sicherheit gefährden, sondern um eine Uni-interne Praxis und die Frage, ob Genderregeln vorgeschrieben werden dürfen.“ Dem VDS liege ein Schriftwechsel vor, nach dem das Gutachten angeblich unter Verschluß gehalten werde, um einen „Shitstorm“ zu vermeiden.
Klatte: Universität muß Gutachten offenlegen
Die Einschätzung des Rechtswissenschaftlers Michael Sachs gebe offenbar nicht das her, was die Universität sich erhofft habe, führte Klatte aus. Der Vorgang bestärke daher die Rechtsauffassung des VDS, nach der Gendersprache keinem Studenten vorgeschrieben werden dürfe.
„Diese Geheimniskrämerei ist einer Universität unwürdig.“ Statt eines offenen Austausches, wie es in der Wissenschaft üblich sei, lasse die Bildungsanstalt alle im Dunkeln. Wenn sie weiter ernst genommen wolle, müsse sie das Gutachten schleunigst offenlegen.
Gendersprache als formales Kriterium unzulässig
Hintergrund der Beurteilung ist die Beschwerde des Studenten und CDU-Nachwuchspolitikers Lukas Honemann. Dieser hatte bei einer Arbeit nicht gegendert und wurde deshalb schlechter benotet. Ziel des Gutachtens sollte eine Einschätzung sein, ob und unter welchen Umständen dies zulässig ist.
Am Donnerstag veröffentlichte die Hochschule eine kurze Stellungnahme zu dem Ergebnis der Untersuchung. Darin heißt es, Gendersprache dürfe – anders als Grammatik oder Rechtschreibung – nicht als allgemeines formales Kriterium für die Bewertung von Prüfungsleistungen genutzt werden. Dozenten dürfen das Kriterium der „geschlechtergerechten Sprache“ aber in die Bewertung einfließen lassen, wenn ein „hinreichender fachlicher beziehungsweise berufsqualifizierender Bezug bei der konkreten Prüfung gegeben ist“. (zit)