Die Bilder aus den großen US-amerikanischen Sportligen gleichen sich. Ob beim American Football (NFL), Basketball (NBA), Baseball (MLB) oder Eishockey: Knieende Spieler vor Anpfiff, die sich mit der „Black-Lives-Matter“-Bewegung solidarisieren, bilden nicht die Ausnahme, sondern sind zur Regel geworden. Der Sport im Land ist mittlerweile durch und durch politisiert. Wer sich nicht einreiht, ist im Grunde schon verdächtig. Nachdem Polizisten dem Afro-Amerikaner Jacob Blake Ende August in den Rücken geschossen hatten, setzten mehrere großen Ligen sogar kurzzeitig ihre Spiele aus, um „Stellung zu beziehen“ und um „Haltung zu zeigen“, wie es heutzutage so schön heißt.
Derzeit gibt es wohl nur eine große Liga, die sich dem antirassistischen Furor und dem Verlangen nach „Diversity“ noch nicht vollends unterworfen hat. Oder vielmehr: die noch wirkliche „Diversity“ in ihrem Sport zur Geltung bringt. Es ist die weltweit größte Kampfsport-Organisation, die Ultimate Fighting Championship (UFC), die regelmäßig große Mixed-Martial-Arts-Events veranstaltet. Diese haben in den USA in Sachen Popularität, den klassischen Box-Veranstaltungen bereits den Rang abgelaufen und erfreuen sich auch in Europa zunehmender Beliebtheit.
Am vergangenen Wochenende standen sich in Las Vegas zwei Kämpfer im Oktagon gegenüber die unterschiedlicher kaum sein könnten. Der in Florida lebende Weiße, Colby Covington, ein 32jähriger begeisterter Anhänger von US-Präsident Donald Trump, trat gegen den schwarzen Ex-Titelträger im Weltergewicht, Tyron Woodley, an. Der 38jährige stammt nicht nur aus Ferguson in Missouri, also dem Ort, an dem 2014 nach dem Tod des Afro-Amerikaners Michael Brown schwere Unruhen ausgebrochen waren, sondern ist auch überzeugter Anhänger der „Black Lives Matter“-Bewegung. Der Kampf war also voll Bedeutungen. Ganz so, als ob er repräsentativ für alles war, was sich in den USA gerade abspielt – eine Art Stellvertreterkrieg.
Covington dominiert den Kampf
Damit besaß der Kampf natürlich ebenfalls eine zutiefst politische Note. Doch im Gegensatz zu anderen großen Ligen können sich in der UFC beide Seiten offen äußern, ohne Repressionen zu fürchten. Das ist von UFC-Chef Dana White – selbst Trump-Anhänger, aber auch knallharter Geschäftsmann – bewußt kalkuliert. Die Zuschauerzahlen des Kampfes schossen wie von selbst durch die Decke, während sie im politisch-korrekten Basketball oder American Football derzeit in den Keller rauschen. US-Amerikaner lieben nunmal antagonistische Geschichten beim Sport. Gut gegen böse, David gegen Goliath oder aber, in dieser Zeit, in der die Politisierung der Gesellschaft seinem Höhepunkt entgegenläuft: Trump gegen „Black Lives Matter“. Und bei allem Geschäftlichen, das sich im Hintergrund abspielte: Die Gefühle der beiden Protagonisten waren und sind echt, ihre Rivalität und gegenseitige Abneigung nicht gespielt.
Bereits im Vorfeld hatte sich Covington mit dem Präsidenten getroffen, um sich die nötige Motivation zu holen. Woodley wiederum provozierte seinen Kontrahenten auf der Pressekonferenz mit der Aufschrift „Make Racism Catch The Fade Again“ (Rassismus wieder zum Verschwinden bringen) auf seinem Basecap. Auch beim Einmarsch in die Halle war alles bestens choreographiert: Trump-Mann Covington trug stolz die US-Flagge auf seinem Rücken, Woodley tauchte mit „Black Lives Matter“-Stirnband auf.
Die Geschichte des Kampfes selbst ist schnell erzählt: Covington dominierte seinen Gegner vier Runden nach Belieben, drängte ihn immer wieder an den Zaun und deckte ihn mit Tritten und Schlägen ein. Zu Beginn der fünften und letzten Runde stoppte der Schiedsrichter schließlich seinen Ansturm, nachdem Woodley im Bodenkampf vor Schmerzen aufschrie. Grund dafür war offenbar eine gebrochene Rippe.
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Trump gratuliert per Telefon
Nach seinem Sieg ließ Covington seinen Gefühlen freien Lauf: „Er steht für alles, was ich hasse. Er steht für das Böse. Er steht für ‘Black Lives Matter’. Ich stehe für Amerika“, so der 32jährige. „Ich möchte diesen Kampf allen Ersthelfern und dem gesamten Militär da draußen widmen, die für unsere Sicherheit sorgen. Nicht diese ‘woke athletes’ (Gerechtigkeitsfanatiker, wortwörtlich „aufgeweckte Athleten“), ich habe genug von diesen ‘woke athletes’. Diesen rückgratlosen Feiglingen wie LeBron James.“ Eine Ansage, die wohl in keiner anderen Profiliga denkbar wäre. Die Beleidigung in Richtung LeBron James kam auch nicht zufällig. Der wohl beste Basketball-Spieler der Welt ist ein vehementer Vertreter der „Black Lives Matter“-Bewegung und hatte sich bereits mehrfach mit Donald Trump angelegt.
Der US-Präsident griff ebenfalls ins Geschehen ein und rief Covington unmittelbar nach dem Kampf an, als dieser sich gerade in einem Interview mit dem Sender ESPN befand, um ihm zu gratulieren. Covington nahm den Anruf mit ungespielter, fast kindlicher Freude entgegen. „Danke Mr. Präsident. Es spielt keine Rolle, ob King Kong vor mir gestanden hätte, ich hätte nicht verloren, nachdem ich Ihnen die Hand geschüttelt habe“, sagte Covington und bewies damit, daß die mitunter seltsam wirkende Verbundenheit zwischen Trump und seinen Anhängern weit über politische Dimensionen hinausgeht. „Sie sind ein großartiger Kämpfer, Mann, ich sage Ihnen – Sie machen es einem so leicht“, beglückwünschte Trump den MMA-Kämpfer. „Ich weiß nicht, wie zum Teufel Sie das machen. Ich gratuliere Ihnen. Sie waren großartig.“
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Covington winkt nun mit insgesamt 16 Siegen und zwei Niederlagen ein Titelkampf gegen den gebürtigen Nigerianer Kamaru Usman, gegen den er erst im Dezember verloren hatte. Und inmitten dieser immer größer werdenden Spaltung zwischen den politischen Polen wird der Präsidenten-Fan auch garantiert wieder für Schlagzeilen sorgen. Während das Trump-Amerika sehen will, wie er gewinnt, würde sich die andere Seite wohl nichts sehnlicher wünschen, als daß ihm endlich mal wieder jemand einen gehörigen Tritt in den Hintern verpaßt.