MÜNSTER. Die Münsteraner Grünen haben die Organisatoren des katholischen Josef-Pieper-Preises dazu aufgefordert, dem US-amerikanischen Bischof Robert Barron diesen nicht zu verleihen. Sie begründen das mit den gesellschaftspolitischen Standpunkten Barrons, dessen YouTube-Kanal mehr als zwei Millionen Abonnenten hat. „Barron bezeichnet Abtreibung und assistierten Suizid als ‘Kultur des Todes‘“, heißt es empört in einem offenen Brief der Münsteraner Grünen an die Leiter der Stiftung.
Die Unterzeichner des Briefs stören sich an vermeintlichen „Falschinformationen über assistierten Suizid“ von Seiten Barrons. Dieser hatte im Januar vergangenen Jahres in seinem Online-Blog „Word on fire“ mit Blick auf assistierten Selbstmord geschrieben: „Wenn ältere oder kranke Menschen lästig werden, können und sollten sie getötet werden.“
Tatsächlich gibt es aus Kanada, wo diese Praxis seit 2016 legal ist und 2021 weiter liberalisiert wird, immer wieder Fälle, die die Einschätzung Barrons plausibel erscheinen lassen. So wurde im August 2023 der 37jährigen Kanadierin Kathrin Mentler, die unter schweren Depressionen und Selbstmordgedanken leidet, von den Ärzten eines Krankenhauses in Vancouver assistierter Suizid empfohlen.
US-Bischof ist Vertrauter von Trump
Zudem unterstellen die Verfasser, Barron nutze sein Amt auch „zur Verbreitung und Legitimation trans*feindlicher Positionen“, weil der Bischof Anfang 2025 das sogenannte Jugendschutzdekret des US-Präsidenten Donald Trump öffentlich unterstützt hatte. Trump hatte am 28. Januar ein Dekret mit dem Titel „Schutz von Kindern vor chemischer und chirurgischer Verstümmelung“ unterzeichnet. Darin hatte er geschrieben, es sei fortan US-Politik, „daß sie Transgender-Operationen für Kinder nicht finanzieren, sponsern, fördern oder unterstützen“ und Gesetze schaffen werde, „die diese Verfahren verbieten oder einschränken“. Barron hatte das in einem Beitrag unterstützt und der Gegenseite unterstellt, „auf der Grundlage eines falschen Verständnisses der menschlichen Natur zu versuchen, das Geschlecht eines Kindes zu ändern“.
Der Bischof nutze seine Bekanntheit, „um Donald Trump und seine demokratiezerstörende, menschenrechtsverachtende Politik zu unterstützen, zu legitimieren und zu sakralisieren. Am 5. März 2025 bezeichnete er die Ansprache Donald Trumps zur Lage der Nation als ‘hohe Liturgie unserer Demokratie‘“, kritisieren die Verfasser. Auch werfen sie ihm vor, daß er Mitglied der Kommission für religiöse Freiheit ist, die US-Präsident Trump ins Leben gerufen habe. Die Kommission versteht sich selbst als Kontrollinstanz über die in der US-Verfassung zentral verankerte Glaubensfreiheit. Auch werfen sie Barron vor, sich „weder gegen die hunderte von Menschenrechtsverletzungen, die alleine in den ersten 100 Amtstagen unter Trump begangen wurden10, eingesetzt oder positioniert“ zu haben.
Tatsächlich werden in der verlinkten Liste, die zu der Organisation Human Rights Watch führt, bei den 100 Fällen von menschenverachtenden Trump-Erlassen unter anderem die Abschiebung illegaler Migranten und die Abschaffung von ethnischen und geschlechtlichen Quoten beim Militär aufgeführt.
Grüne unterstellen „zynisches Pinkwashing“
„Wer solche Positionen mit einem Preis ehrt oder ihnen im Rahmen eines Symposiums eine Bühne bietet, relativiert nicht nur Menschenrechte, sondern beschädigt das eigene moralische Fundament“, echauffieren sich die Verfasser. Daß es bei der Verleihung auch „begleitende Veranstaltungen zu queeren Themen“ geben wird, sei „zynisches Pinkwashing“. Am Franz Hitze Haus, wo die Preisverleihung stattfinden soll, stehe „Nie wieder ist jetzt“. Das ist – so die Unterzeichner des Briefs – „Mahnung und Verpflichtung“. Der nach Josef Pieper benannte Preis habe „würdige Preisträger*Innen verdient. „Demokratiefeindliche, diskriminierende und wissenschaftsferne Positionen dürfen unter dem Deckmantel religiöser Debatte nicht salonfähig gemacht werden“.
Der Josef‑Pieper‑Preis wird von der 1991 gegründeten Josef‑Pieper‑Stiftung seit 2004 im Fünf‑Jahres‑Rhythmus verliehen. Den Preis erhält nach Angaben der Stiftung, wer „für beispielhafte Veröffentlichungen und Arbeiten über das christliche Menschenbild“ verantwortlich ist. Namensgeber ist der katholische deutsche Philosoph Josef Pieper, der von 1904 bis 1997 lebte. Vor allem durch seine Anregungen zur Tugendethik und seine Werke über Thomas von Aquin und die griechische Antike erlangte er Berühmtheit. (st/ mit KI)