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Pop abseits des Westens: Moskau ruft den Intervision Song Contest aus

Pop abseits des Westens: Moskau ruft den Intervision Song Contest aus

Pop abseits des Westens: Moskau ruft den Intervision Song Contest aus

Auf einer Bühne steht eine cute osteuropäische Frau mit Zöpfen – es handelt sich um die weißrussische Sängerin Anastasia Krawtschenko, diem am 20. September beim Intervision Song Contest in Moskau antreten wird
Auf einer Bühne steht eine cute osteuropäische Frau mit Zöpfen – es handelt sich um die weißrussische Sängerin Anastasia Krawtschenko, diem am 20. September beim Intervision Song Contest in Moskau antreten wird
Die Sängerin Anastasia Krawtschenko tritt am 20. September beim Intervision Song Contest in Moskau für Weißrußland an. Foto: IMAGO / SNA
Pop abseits des Westens
 

Moskau ruft den Intervision Song Contest aus

Rußland will eine Gegen­veranstaltung zum Eurovision Song Contest abhalten – und lädt dazu BRICS-Staaten ein. Selbst die USA machen mit.
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Feuerrote Haare sind ihr Markenzeichen. „Manana“ und „Hello“ gelten als ihre bisher größten Hits. Shakira (Waka Waka) war gestern, jetzt ist Landsfrau Carolina Giraldo Navarro angesagt, besser bekannt als Karol G oder „La Bichota“.

Letzteres bedeutet für den kolumbianischen Reggaeton-, RnB- und Pop-Star so viel wie eine „mächtige, geniale, unglaubliche“ Frau. Und was diese drauf hat, konnte das deutsche Publikum im vergangenen Sommer auf ihrer „Mañana será bonito“-Europatour in Köln und Berlin erleben.

Und wird es vielleicht erneut am 20. September in der Moskauer Live-Arena vor bis zu 11.000 Zuschauern. Denn für diesen Tag hat Rußlands Präsident Wladimir Putin den Intervision Song Contest angesetzt – die Gegenveranstaltung für den Eurovision Song Contest (ESC), von dem Rußland, wegen seines Angriffskriegs gegen die Ukraine, und Weißrußland, wegen seiner Bündnistreue zu Moskau, seit 2022 ausgeschlossen sind.

Putin ruft eine ESC-Gegenveranstaltung aus

Es ist nicht der erste Versuch, eine Alternativveranstaltung zum etablierten ESC zu organisieren. Aber bisher scheiterten alle Bemühungen, blieb es bei einem einmaligen Event wie 2008 in Sotschi, an dem China, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Turkmenistan und Usbekistan teilnahmen. Georgien hatte seine Teilnahme aus Protest gegen den russischen Einmarsch in Abchasien und Südossetien kurzfristig abgesagt.

Ein zweiter Anlauf scheiterte 2014 wegen des Konflikts auf der Krim. Jetzt aber hat Putin den Wettbewerb zur Chefsache gemacht. „Für die weitere Entwicklung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich Kultur und Humanitäres ordne ich an, in Moskau und dem Moskauer Gebiet 2025 einen internationalen Musikwettbewerb Intervidenije abzuhalten“, heißt es in dem am 3. Februar unterzeichneten Dekret.

Als Leiter des Organisationskomitees wurde kein Geringerer als Vizeregierungschef Dimitry Tschernyschenko und zum Vorsitzenden der Wettbewerbsaufsicht Sergej Kirijenko, Vizechef der Präsidialverwaltung, eingesetzt. All das, könnte man meinen, sind Signale, daß ausgerechnet der Ausschluß von einem Musikwettbewerb Rußland mehr trifft als die zahlreichen wirtschaftlichen Sanktionspakete, die die Europäische Union seit 2022 verabschiedet hat.

In Rußland erfreut sich der ESC großer Beliebtheit

Und die sensationellen Einschaltquoten des diesjährigen ESC dürften den Druck auf den russischen Präsidenten noch erhöhen: neun Millionen Zuschauer allein bei der ARD und ein Marktanteil von 78,8 Prozent bei den 14- bis 29jährigen, was durchschnittlich 1,2 Millionen Zuschauern entspricht – so viel gab es noch nie.

In Rußland erfreut sich der ESC großer Beliebtheit, zumal 2008 der russische Popsänger Dima Bilan mit dem Titel „Believe“ gewinnen konnte und der Wettbewerb daraufhin 2009 in Moskau ausgetragen wurde. Der heute 44jährige gehört aber inzwischen zu 120 russischen Künstlern, die von der ukrainischen und der kanadischen Regierung wegen ihrer Unterstützung des Ukraine-Krieges sanktioniert werden.

Bereits zu Sowjetzeiten gab es einen Intervision Song Contest

Sollte Intervidenije tatsächlich stattfinden, wiederholt sich damit gewissermaßen die Geschichte. Denn bereits das 1977 zum Intervision Song Contest aufgewertete, seit 1961 im polnischen Zoppot in Pommern stattfindende internationale Schlagerfestival des Ostblocks war eine Antwort auf den ESC und wurde eingestellt, als in Polen 1980 das Kriegsrecht verhängt wurde.

Teilnahmeberechtigt waren alle RGW-Staaten und neutrale Länder wie Österreich, die Schweiz und Finnland, aber auch Kanada, Spanien, Portugal, die Niederlande und Marokko. 1979 gewann übrigens Czeslaw Niemen mit „Nim przyjdzie wiosna“ aus Polen. Und zensiert wurde auch: 1979 wurde Boney M.s „Rasputin“ nachträglich aus den Aufzeichnungen herausgeschnitten, berichtet Martin Kluge auf der Internetseite stimmederddr.de: „‘Lover of the Russian Queen’ galt als unschicklicher Affront.“

Nach Angaben des russischen Außenministers Sergej Lawrow haben für die Wiederbelebung des Wettbewerbs 25 Staaten Interesse bekundet und 20 bereits ihre Teilnahme zugesagt, darunter alle BRICS-Staaten, also Brasilien, Indien, China, Südafrika, Ägypten, Äthiopien, Iran, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuba, sowie Staaten aus dem Nahen Osten und Lateinamerika sowie Thailand: „Ich muß sagen, daß die Thailänder heute eine sehr interessante Popmusik haben, die auf dem heimischen Markt mit der koreanischen K-Pop-Musik konkurriert, aber ich denke, sie kann auch für Rußland interessant sein“, sagte Michail Schwydkoi, Putins Sonderbeauftragter für internationale kulturelle Zusammenarbeit.

Auch die USA nehmen teil

Im Juni dann die Überraschung: Auch die USA sagten ihre Teilnahme zu! Welcher Künstler für sie antreten wird, ist aber noch unklar. Rußland, das mit der Neuauflage des Musikwettbewerbs erklärtermaßen politische und kulturelle Ziele verfolgt – Außenminister Lawrow sprach davon, daß das Festival „frei von Perversion“ sein werde –, hat ebenfalls noch keinen Künstler angekündigt.

Fest steht, daß Weißrußland durch die Folkloresängerin Anastasia Krawtschenko, Superfinalistin von X-Factor und Moderatorin bei Belteleradiocompany, vertreten wird. Kuba schickt die Sängerin und Multiinstrumentalistin Zulema Iglesias Salazar aus Santiago de Cuba, eine nach kubanischen Angaben „profilierte Stimme mit einem Repertoire zwischen Jazz, karibischer Tradition und moderner Interpretation“. Laut der offiziellen Vorstellung auf dem Intervision-Instagram-Kanal steht ihr künstlerisches Timbre für „Jazz, Freiheit und inneres Feuer“.

Aus der JF-Ausgabe 30/25.

Die Sängerin Anastasia Krawtschenko tritt am 20. September beim Intervision Song Contest in Moskau für Weißrußland an. Foto: IMAGO / SNA
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