Platz Drei der deutschen Albencharts, aus dem Stehgreif: Das muß man auch erstmal schaffen. Der 41jährige Rapper Cashmo, bürgerlich Achim Welsch, hat es geschafft. Das am Freitag erschienene Album „Alman“ (ein türkisches Slangwort für „Deutscher“), das bislang siebte seiner Karriere, steht nämlich seitdem auf eben jenem Platz. Wieso das bemerkenswert ist? Nun, weil es möglicherweise auf einen sogenannen vibe-shift hinweist.
„Ich bin Patriot“ heißt es etwa im gleichnamigen Song. „Ja, wir fahren im Benz, weil wir drauf stolz sind. Mit einem Kreuz an der Kette, weil wir deutsch sind“, schiebt der aus Nordrhein-Westfalen stammende Musiker noch hinterher. Auf dem Albumcover hängt die schwarz-rot-goldene Fahne prominent aus einem Fenster.
In „Deutscher“ wird es dann beinahe nationalromantisch
Einen Song später, in „Deutscher“, wird Cashmo noch deutlicher. Das Grundschema des Textes ist aus unzähligen migrantischen Rapliedern bekannt ‒ Klischees über die eigene Ethnie werden aufgezählt, teil belächelt, teils mit dem Gusto „Ja, so sind wir halt“ affimiert. Nur daß hier eben kein stolzer Osmane über Sucuk und çay, und auch kein Russe über Bratans und Wodka rappt.
Stattdessen: „Ja, so sind wir, Deutsche lassen Fenster auf Kippe / Essen Rotkohl und Sauerkraut, Pfefferrahmschnitzel / Unser Stolz ist das Auto und wir leben dafür / Auch der Zaun aus dem Garten ist zu reglementier’n“. Im Vergleich zu den muskelbepackten und von Barbierbesuchen verwöhnten Brüdern aus dem Süden mag der Kartoffelconnoisseur zwar „keinen Style“ haben. Aber: „Bei uns gehört der Bierbauch zum Leben halt dazu“.
Geradezu nationalromantisch wird es dann im Refrain: „Denn siehst du all die Straßen, auf den’n wir immer geh’n / Alles so schön grade, egal, wohin wir seh’n / Inzwischen all den Wäldern, inzwischen all den Seen / Ich glaube echt, ein Alman zu sein, ist schon okay.“
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Schon vor vier Jahren eckte Cashmo an
Daß man mit solchen Textzeilen mittlerweile die Charts stürmt, ist sicherlich bemerkenswert ‒ und läßt sich eigentlich nur dadurch erklären, daß nicht wenig Kids auf exakt so eine Message gewartet haben. Mit der Musik und der Reimkunst an für sich läßt sich der Erfolg nämlich eher nicht erklären ‒ die sind Genre-Durchschnitt, weder besonders gut, weder besonders kreativ, aber auch nicht besonders schlecht. Bei den Beats hätte es sicherlich fetziger zugehen können.
Große empörte Reaktionen blieben bislang aus, dürften aber eigentlich nicht lange auf sich warten lassen. Denn bereits vor vier Jahren hatte Cashmo mit einem Lied ‒ „Alman“ betitelt, also genau so, wie das jetzige Album ‒ für Wirbel gesorgt.
Die taz bezeichnete ihn damals als die „Werteunion im Rap“, und fand das „bißchen Schäferhund und bißchen Adler“ im dazugehörigen Musikvideo „schon schwierig“. Und auch die Seite HipHop.de beschwerte sich, daß bei einem Song, bei dem „vermeintlicher Rassismus gegen Deutsche angeprangert“ werde, etwas „gründlich in die falsche Richtung“ laufe.
Im Video posieren Schäferhund und Adler
In „Alman“, also dem damaligen Lied, ging es im Kern um Ähnliches wie beim jetzigen Album: Deutsch sein ist okay, als Deutscher in einem „Kanak-Viertel“ aufzuwachsen, war teils alles andere als lustig und der Mann mit dem Viereck-Schnurrbart soll nicht bis in alle Ewigkeit das Deutschsein definieren. Im Video dazu, wie bereits erwähnt, tobte die taz damals, schwarz-rot-gold, Schäferhund, Adler und BMW.
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Deutlich weniger schockiert waren übrigens damals übrigens jene, die sich nach Sicht linker Kommentatoren eigentlich angegriffen gefühlt haben müßten: Migranten. Bis heute finden sich in der Kommentarsektion des Youtube-Videos jedenfalls unzählige Posts wie dieser hier:
