FRANKFURT/MAIN. Der Angstforscher Borwin Bandelow sieht in den Ereignissen von Chemnitz eine neue Dimension von Fremdenfeindlichkeit. „Die Rechten haben Jagd auf alles gemacht, was auch nur ausländisch aussah“, sagte der Göttinger Psychiatrie-Professor der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.
In Chemnitz sei es nicht um Selbstverteidigung gegangen. „Es hat sich blanker Haß auf Fremde entladen.“ Bandelow verglich Fremdenangst dabei mit Furcht vor Spinnen. Diese Angst sei heute „überflüssig, weil es hier keine Spinne mehr gibt, die für uns eine tödliche Gefahr darstellen würde. Bei der Fremdenangst, der Xenophobie, ist das ähnlich.“
Fremdenangst steckt in jedem von uns
Fremdenangst sei als „subjektives Gefühl“ in einem „sehr einfach strukturierten Teil unseres Gehirns angesiedelt“. Dieses „einfache Xenophobie-Gehirn“ versuchten „Populisten“ anzusprechen.
Da dieses „primitive Hirnareal“ nicht auf rationale Argumente reagiere, nütze es „nur bedingt“, dem Fakten entgegenzusetzen. Allerdings gebe es auch Menschen, die die mit der Migration einhergehenden Probleme realistisch einschätzten. „Ihre Ratio behält gegenüber dem primitiven Angstsystem die Oberhand“, führte der Wissenschaftler aus.
Xenophobie, so seine Beobachtung, sei nicht nur „unangemessen“, sondern auch „genetisch veranlagt“. Somit stecke Fremdenangst „in jedem von uns“. Als Gegenmaßnahme empfiehlt Bandelow eine Konfrontationstherapie. „Man sollte Kontakt mit Migranten suchen, sich austauschen, sich das Fremde vertraut machen.“ Dann würden die Menschen in Sachsen auch „irgendwann nicht mehr befürchten, daß etwa Flüchtlinge mit Macheten durch die Straßen ziehen und Frauen vergewaltigen“. (tb)