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Lüstling

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François Truffauts erster Spielfilm „Les Quatre Cents Coup“ (Sie küßten und sie schlugen ihn, 1958/59) begründete vor einem halben Jahrhundert den kommenden Ruhm der sogenannten „Neuen Welle“. Jean Pierre Léaud spielte damals den dreizehnjährigen Antoine, jenen mißverstandenen, unglücklichen Jungen, der bitter unter der Inhumanität und dem Unverständnis der Erwachsenen leidet und schließlich auf die schiefe Bahn gerät. Léaud, dem Truffaut in einem Zeitraum von zwanzig Jahren vier weiteren Filme widmete, repräsentierte damals in vielerlei Hinsicht das Lebensgefühl der französischen Jugend in den fünfziger und sechziger Jahren.

Gut vierzig Jahre später porträtiert Bertrand Bonelle in „Le Pornographe“ (Der Pornograph, 2001) den Pornoregisseur Jacques Laurent, einen desillusionierten, müden und verbrauchten Mann, der in einer lieblosen Beziehung lebt, verlassen von seinem 17jährigen Sohn Joseph (Jérémie Rénier), der sich für den Beruf seines Vaters schämt und zudem den Tod seiner Mutter nicht verwinden kann. Niemand anders als Jean-Pierre Léaud spielt diesen Jacques Laurent, und er wirkt immer noch genauso unglücklich, verlegen und unbeholfen wie damals.

Über vierzig Pornofilme hat der Pornograph gedreht, und eigentlich würde er sein Geschäft gern anderen überlassen und sich seinen Reflexionen überlassen. Doch seine Schulden zwingen ihn zu einem unfreiwilligen Comeback. Nur ist das Drehen von Pornofilmen längst kein politischer Akt mehr wie 1968; nichts hat dieses Genre mit den herbeiphantasierten libertinen und emanzipatorischen Traditionen und Mythologien jener Gegenkultur zu tun, auf die sich auch der alternde Lüstling Laurent melancholisch beruft.

Am Set herrscht die Kommerzialisierung der Lust. Zeit ist Geld, und beides ist rar. Produktionsplan und Dreharbeiten setzen einen reibungslosen Ablauf voraus, Lebensgefühl detaillierte Regieanweisungen interessieren hier niemanden mehr. In dieser tragikomischen Situation wird der ehemalige Genrebegründer Laurent zur Parodie seiner selbst, bis schließlich sein Assistent immer öfter die Regie übernimmt.

Bonello denunziert dieses Gewerbe nicht als illegitimes Schundbild. Er präsentiert Laurent vielmehr als deformierte Figur, die schließlich sogar zum Gegenstand des Mitgefühls wird. Léaud spielt diesen Mann mit einer Intensität, die ihresgleichen sucht. Und in einer wichtigen Nebenrolle darf man zudem die schöne Ovidie, Frankreichs Pythia des feministischen Pornofilms, bewundern.

DVD: Der Pornograph, Alive Vertrieb, Köln 2009, Laufzeit: 110 Minuten

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