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Heikle Symbolik

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Nun ist die „Universiade“ in Belgrad doch ohne Skandal und von der Öffentlichkeit sowieso kaum beachtet vonstatten gegangen. Der Begriff „Universiade“ setzt sich aus den Worten „Universität“ und „Olympiade“ zusammen und bezeichnet internationale Wettkämpfe, an denen eine Auswahl von Studenten teilnimmt. Symbolpolitisch heikel war das Emblem der Universiade, sinnigerweise ein alleinstehendes „U“, das den meisten Menschen als unverfänglich erscheinen wird – mit Ausnahme der Bewohner der Balkanregion. So sahen sich schon die Veranstalter der Universiade von 1987, die im kroatischen Zagreb stattfand, mit dem Problem konfrontiert, daß Fahnen mit einem überdimensionalen „U“ zwangsläufig an das von der Ustascha verwendete Abzeichen erinnerten.

Ustascha bzw. Ustaša ist kroatisch für „Aufständische“ und bezog sich ursprünglich auf die Freiheitskämpfer gegen die osmanische Herrschaft. 1929 übernahm Ante Pavelič die Bezeichnung für eine von ihm gegründete, radikalnationalistische und antisemitische Bewegung, die Kroatien von der serbischen Vorherrschaft in Jugoslawien losreißen sollte. Allerdings mußte er im selben Jahr das Land verlassen und zuerst nach Österreich, dann nach Italien ins Exil gehen. Mit Unterstützung Mussolinis organisierte er in der Folgezeit den faschistischen Untergrund in seiner Heimat und ließ 1934 in Marseille ein Attentat auf Alexander I. verüben, dem der jugoslawische König zum Opfer fiel. Allerdings konnte Pavelič erst mit Unterstützung der Achsenmächte nach der militärischen Niederlage und Auflösung Jugoslawiens 1941 einen selbständigen kroatischen Staat schaffen, zu dessen Staatspartei er die Ustascha machte.

Die Ustascha verwendete ein „U“ in einem Flechtornament als Emblem und führte dieses Zeichen auch in die Nationalflagge (auf dem obersten Streifen eines rot-weiß-blauen Tuchs) und in das Wappen Kroatiens ein (über ein weiß-rotes Schachbrettmuster gestellt). Diese Symbolik übernahm man in Varianten für alle Organisationen des nach NS-Muster organisierten Systems. Der Ustascha-Staat teilte auch dessen weiteres Schicksal, brach 1945 zusammen und seine Insignien wurden verboten.

Nach dem Ende des kommunistischen Jugoslawien bildeten sich allerdings rasch kroatische Milizen, die wieder das „U“ als Emblem benutzten. Das wurde trotz der verbreiteten antifaschistischen Empörung auch von der neuen kroatischen Staatsführung toleriert, die sich bis heute kaum veranlaßt sieht, wirkungsvolle Maßnahmen gegen das verbreitete Auftreten unter Fußballfans oder den Anhängern des populären Sängers Thompson (jf 45/02) zu treffen, der irgendwo zwischen Spiel und Ernst das ganze Repertoire der Ustascha-Symbolik verwendet. Noch im Dezember 2004 wurde ein von der kroatischen Linken vorgeschlagenes Gesetz abgelehnt, alle mit der Ustascha in Zusammenhang stehenden Zeichen zu verbieten. Mittlerweile hat sich das Parlament unter europäischem Druck bequemt, die Rechtslage der sonst üblichen anzupassen, aber praktische Auswirkungen scheint das kaum zu haben.

Man kann diese Lässigkeit im Grunde nur aus der besonderen Schärfe der Nationalitätenkonflikte auf dem Balkan erklären, die bei allen Konfliktparteien Ex-Jugoslawiens sehr rasch zum Rückgriff auf ältere Zeichen geführt hat. Das gilt für den albanischen, serbischen und montenegrinischen Doppeladler genauso wie für die Totenkopfembleme der Tschetniks oder eben das „U“.

Interessanterweise findet sich der sonst in der politischen Symbolik seltene alleinstehende Buchstabe auch beim Hauptgegner der Kroaten, den Serben. Dort spielt das „S“ am Anfang des Staatsnamens in vielen Emblemen der Freischärler eine Rolle, manchmal in die Ecken eines griechischen Kreuzes gestellt, wie sonst das „B“, eigentlich das griechische „Beta“, das so im alten und neuen Wappen Serbiens auftritt. Es handelt sich um eine Erinnerung an ein Emblem, das Serbien vom untergegangenen Byzanz übernommen hat.

Was das „U“ der Universiade betrifft, hat man sich dieses Jahr im serbischen Belgrad übrigens desselben Tricks bedient, der weiland auch in Zagreb angewendet wurde: Man hat den Buchstaben optisch so stark deformiert, daß er praktisch nicht mehr zu erkennen war.

Die JF-Serie „Politische Zeichenlehre“ des Historikers Karlheinz Weißmann wird in zwei Wochen fortgesetzt.

Foto: Flagge der Ustascha 1941–1945: Verbotene Insignie 

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