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Wo denn seine Haare geblieben seien, beginnt der Stichwortgeber einer Klassik-Illustrierten sein Interview mit dem dänischen Bariton Boje Skovhus. So karrierefördernd attraktive Erscheinung und Bühnenpräsenz auch waren und sind, werden sie doch zu Sängers Fluch, wenn sein Gesang mehr mit den Augen denn mit den Ohren gehört wird. Also, die Haare sind abgeschnitten – ein „Befreiungsschlag“ (Skovhus) – und auf allen Porträtfotos des Sängers, die im Beiheft seine neue CD „Leise flehen meine Lieder“ bewerben, der Kopf oberhalb der Stirn gleich mit. Aber der Hörer will sich ja ohnehin ganz auf Skovhus’ Gesang konzentrieren, ohne daß die Physiognomie des Sängers sein Urteil beeinflußte.

Mit dem Kopenhagener DR Radiosymfoniorkestret unter Stefan Vladar hat Skovhus zehn Schubert-Lieder in Orchesterarrangements von Felix Mottl, Reger, Britten, Webern, Brahms, Nielsen, Berlioz und Karl Aage Rasmussen sowie Schumanns Andersen-Lieder op. 40 in Orchesterarrangements von Rasmussen für den dänischen Rundfunk aufgenommen. (Sony Classical / Sony BMG 88697 45113-2)

Skovhus und Vladar verfahren weit weniger skrupulös als etwa von Otter und Quasthoff unter Claudio Abbado im Jahre 2002, die unter den Übermalungen immer auch die Schubertschen Originale in atemverschlagenden Brechungen hörbar machten. (JF 36/03). Skovhus neigt dazu, mit theatralischen Bühnengesten vokal dramatischem Gestalten auszuweichen, und, um Deutlichkeit bemüht, zu Überdeutlichkeit, stößt Konsonanten hervor, hackt Silben aus der Bindung, erledigt Verzierungen mehr, als daß er sie formte, und pumpt seine Stimme auf Volumen. Dabei weiß Skovhus seine Stimme ausdrucksvoll zu führen, wenn er nämlich sich von ihr führen läßt. Jedenfalls lassen die Orchesterfassungen der Lieder veräußerlichte Dramatisierung durchaus zu.

Schumanns Lieder auf Texte Hans Christian Andersens in der deutschen Übersetzung Adalbert von Chamissos hat im Jahre 2005 der dänische Komponist Karl Aage Rasmussen, 1947 geboren, im Auftrag der Bregenzer Festspiele und anläßlich des 200. Geburtstags des dänischen Nationaldichters für Orchester bearbeitet. Rasmussen koloriert gekonnt aus – verwässert aber mehr, als daß er entfaltete, wenn er auf den Orchesterapparat auffächert, was Schumann im Klaviersatz verdichtet hat. Der Hörer bekommt Pointen brühwarm aufgetischt, die er sich gerne selbst erarbeitet hätte. Jedenfalls verhilft Rasmussen dem Hörer doch immerhin zu einer Ahnung davon, wie Schumann vielleicht komponiert hätte, wenn er Gustav Mahler geworden wäre.

Alle Stärken und Schwächen des Sängers und des Instrumentators kommen in der 22minütigen Ballade „Der Taucher“ zusammen, auf Anregung von Skovhus entstanden und wie Rasmussens Schumann-Bearbeitungen eine Weltersteinspielung. Rasmussen, Skovhus und Vladar lassen viel von charybdischer Naturgewalt hören, aber wenig von den Empfindungen der Figuren und des Sängers und von dem Großen, Erhabenen und Tiefen, das die Opernszene von der Ballade aufzuheben hätte. Schöne Strophen machen keine Ballade, ausgepinselte Bilder keine dramatische Erzählung. Die Aufnahme ist sympathisch, wie es der Sänger ist, aber sie hat kein Gesicht, das man hört.

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