Die Arbeiterstimme (Untertitel: Zeitschrift für marxistische Theorie und Praxis) erscheint im 38. Jahrgang viermal im Jahr jeweils mit einem Umfang von 32 Seiten im DIN-A-4-Format. Herausgegeben wird sie von der vor allem im süddeutschen Raum aktiven linksradikalen Gruppe „Arbeiterstimme“, die sich ideologisch an der historischen und traditionsreichen Kommunistischen Partei Deutschlands – Opposition (KPO) orientiert, einer rechtsoppositionellen und stalinismuskritischen Abspaltung der Weimarer KPD unter Heinrich Brandler und August Thalheimer. War die KPO in der Weimarer Republik unter anderem in Bremen und Nürnberg zeitweilig noch ein relativ bedeutender politischer Faktor innerhalb des linksradikalen Parteienspektrums, so können ihre ideologischen Nachfolger und Schüler heute im besten Falle noch auf wenige Dutzend treue Genossen bauen. Zudem leidet die Gruppe unter einer gewissen altersgemäßen Auszehrung, dies zeigen beispielsweise die Nachrufe auf verdiente Mitglieder in jedem neuen Heft.
Die aktuelle Ausgabe der Arbeiterstimme (Nr. 165, Herbst 2009) beschäftigt sich in ihrem Leitartikel mit der sandinistischen Regierung in Nicaragua und konstatiert, daß die Beurteilung des Präsidenten Daniel Ortega innerhalb der Linken sehr unterschiedlich ausfällt. Während einige Strömungen ihn als Verräter „an den Prinzipien der sandinistischen Revolution“ verurteilen, mißfällt anderen sein „caudillohaftes Gebaren“ oder sein taktischer Schachzug, noch vor der letzten Wahl der alten Regierung die Mehrheit für ein umfassendes Abtreibungsverbot zu verschaffen. Diese „Winkelzüge und Wendungen“ der Sandinisten-Spitze werden unter anderem mit den ausgeprägt autoritären und patriarchalen Strukturen der nicaraguanischen Gesellschaft erklärt, die über Jahrhunderte ein semifeudalistisches System mit einer sehr einflußreichen katholischen Kirche war. Der hieraus entstandene politische Pragmatismus hat dann offenbar auch die im Kern ebenfalls autoritär strukturierten Sandinisten in ihrem Denken und Handeln nicht unwesentlich beeinflußt.
Über den Bergarbeiterstreik in Großbritannien vor 25 Jahren berichtet ein anderer Beitrag. Am 1. März 1984 löste die Ankündigung der Schließung der Cottonwood Mine in North Yorkshire jahrelange Streikaktionen gegen Grubenschließungen aus, die schließlich mit einer schweren Niederlage der mächtigsten Gewerkschaft des Landes endete. Nun folgten weitere Angriffe gegen Gewerkschaften durch die Tory-Regierung von Margaret Thatcher, bei denen die Gewerkschaften ebenfalls unterlagen. Dies ging einher mit der Zerstörung weiter Bereiche der britischen Industrie, die durch den Dienstleistungs- und Finanzsektor ersetzt wurden. Ein Trend, der von Tony Blairs New Labour fortgesetzt und ausgebaut wurde, als diese 1997 die Tories an der Regierung ablösten.
Recht typisch für eine gewisse linksradikale Verbohrtheit ist hingegen, wenn in einem noch mit Blick auf die Bundestagswahl geschriebenen Beitrag über die Klassenverhältnisse in Deutschland die Wiedervereinigung immer noch als „Anschluß der DDR“ bezeichnet wird.