Wer „Sex and the City“ mag, kommt am Jane Austen nicht vorbei. So jedenfalls will es Robin Swicords Verfilmung des Romans von Karen Joy Fowler über ein Massenphänomen der letzten Jahre. „Man muß die Bücher nicht kennen, um im Club zu sein“: Mit diesem Slogan wirbt „Der Jane-Austen-Club“ nicht nur um Zuschauerinnen, er gibt auch seine Handlung einigermaßen akkurat wieder. Tatsächlich braucht man nicht viel von Literatur zu verstehen, um in den Lesezirkeln mitzureden, die vor allem im anglo-amerikanischen Kulturraum zahlreich aus dem Boden gesprossen sind. Man muß nur bereit sein, sie als etwas zu mißbrauchen, was gute Literatur nun wirklich nicht sein sollte: halb therapeutische Übung, halb Kaffeeklatsch, die Fortsetzung des Alltagsgeplauders mit anderen Mitteln – wer mit wem, warum Frauen dies und Männer jenes nicht können … Überzeugte Junggesellin (Maria Bello), Serien-Monogamistin (Kathy Baker), selbstbewußte Lesbe (Maggie Grace), veruntreute Ehefrau (Amy Brenneman), spießige Tochter einer Hippie-Mutter (Emily Blunt): allesamt Schwestern im Geiste, allesamt erkennen sie sich in Austens Romanen wieder. Allesamt sind sie gutsituiert, mit komfortablen Eigenheimen, Neuwagen und ansehnlichen Garderoben. Schäbige Interieurs und Geldnöte jenseits der beim Schuhkauf überzogenen Kreditkarte machen sich im Wohlfühlkino halt schlecht. Nur Grigg (Hugh Dancy) – Hahn im Korb und recht patent für einen Software-Millionär – ist immer mit dem Fahrrad unterwegs oder wenn’s muß in einer mit Fritierfett betriebenen Klapperkiste. (Seltsam bloß, daß einer, der um die Vorteile von Biodiesel weiß, keine Skrupel kennt, beim Globalisierungsprofiteur Starbucks Koffein zu tanken. Freilich hat dieses Rätsel eine Lösung, die da lautet: Product Placement – Filme dreht man schließlich nicht umsonst.) Austens Werke sind reinste Sozialkritik dagegen, und von soviel materieller Sicherheit konnten ihre Töchter des verarmten Kleinadels nur träumen. Dabei erhebt „Der Jane-Austen-Club“ bereits in der hektischen Vorspann-Montage den Anspruch, ein Sittenstück über unser Jahrhundert mit seinem Zeitmangel und seinem Überfluß an allem anderen, seiner Sorge um das Selbst und nicht minder maßlosen Trauer um ein totes Tier zu inszenieren. Jede Zeit hat ihren Stil: Was Austen mit feinem Sprachwitz gelang, bedarf heute plumper Situationskomik zur Veranschaulichung. Freilich war es ein netter Einfall der Regisseurin, die Konventionen der geschwätzig-gefühlsduseligen Beziehungskomödie sanft gegen den Strich zu bürsten und mit kinetischer Kameraführung (John Toon) und Schneidetechnik (Maryann Brandon) aufzupeppen. Natürlich taugen die verstaubten Wälzer des Übergangs zwischen Spätromantik und Frührealismus selbst in ihren pastellfarbenen Taschenbuchausgaben nicht für eine abendfüllende Diskussion – geschweige denn einen anderthalbstündigen Film -, und so kommt die lesende Selbsthilfegruppe stets nach ein paar Spekulationen über das Geschlechtsleben der Austen-Heldinnen schnell auf das Wesentliche zurück: wer mit wem, warum Frauen dies und Männer jenes … Am Ende, soviel sei der vor Spannung bebenden JF-Leserin (Geduld, liebe Männer, nächste Woche läuft „John Rambo“ an!) versprochen, kriegen sich alle – und brauchen hinfort ihre wunden Seelchen nicht mehr mit Literatur zu therapieren. Lieber Buchclub als gar nicht lesen, mag der Volkspädagoge einwenden. Ihm sei entgegnet: Lieber lesen als Buchclub – warum nicht Ursula LeGuin, die Grigg seiner Auserwählten als eine Art Jane Austen des Weltalls anpreist? Vor allem zeigt dieser harmlose und doch unvermutet ärgerliche Streifen wieder einmal, daß das Fernsehen der Traumfabrik Hollywood derzeit um Längen voraus ist. Wenn schon Eskapismus: Wieviel lieber säße man mit dem DVD-Boxset von „Six Feet Under“ auf dem Sofa, um sich zur Ablenkung vom Prekariat im Berliner Problemkiez die Macken und Marotten der kalifornischen Mittelschicht zu Gemüte zu führen!