Die Amerikaner sind nicht mehr bereit, die Schuld für die sich zuspitzende Misere im Irak immer nur bei sich selbst zu suchen. Auch der Erklärung, Osama bin Laden trüge für die ausufernde Gewalt die Verantwortung, mangelt es in ihren Augen an Glaubwürdigkeit. Ranghohe Militärs und einflußreiche Parlamentarier haben nämlich, wie die Washington Post zu berichten weiß, herausgefunden, wer den Tadel in Wahrheit verdient: Es sind die Iraker selbst, die einfach nur zuschauen, wie ihr heruntergekommenes Land immer weiter ins Chaos abgleitet, statt endlich die Ärmel hochzukrempeln und ans Werk zu gehen. Die Amerikaner haben allen Grund, sich im Stich gelassen zu fühlen. Seit Jahrzehnten investieren sie im großen Stil in die Stabilität der Region. Zunächst halfen sie den Irakern, einen langen Krieg gegen den Iran zu führen, um sie dann davor zu bewahren, daß in ihrem Namen dem Nachbarn Kuwait dauerhaft Unrecht zugefügt würde. Schließlich engagierten sie sich zwölf Jahre lang, um den Diktator Saddam Hussein in Schach zu halten. Als dieser wieder Oberwasser zu bekommen drohte, befreiten sie das irakische Volk von seiner Schreckensherrschaft. Seither sind nun schon bald vier Jahre ins Land gegangen, vier Jahre, in denen auf den Schultern der amerikanischen Streitkräfte und ihrer Verbündeten die Hauptlast der Aufgabe ruhte, Sicherheit zu gewährleisten, vier Jahre, in denen die USA und die übrige Staatengemeinschaft große Summen in die Hand genommen haben, um den Aufbau der Wirtschaft und demokratischer Institutionen zu betreiben. Und was haben die Iraker aus dieser großzügigen Unterstützung gemacht? Wenig, zuwenig. Sie schienen zwar die westliche Erfahrung beherzigen zu wollen, daß eine mannigfaltige Zivilgesellschaft die Voraussetzung für eine lebendige Demokratie ist. Leider haben sie jedoch nicht begriffen, daß die Nichtregierungsorganisationen dieser Zivilgesellschaft ihre Interessenkonflikte nicht mit militärischen oder terroristischen Mitteln austragen sollten. Die politische Landschaft des Irak stellt sich als so verwirrend und so zerklüftet dar, daß man den Widerwillen der Amerikaner, hier aktiv für Ordnung zu sorgen, gut nachvollziehen kann. Es ist, genau besehen, auch nicht ihre Aufgabe, sich in die inneren Angelegenheiten dieses Landes einzumischen. Unbelehrbare kann man zudem nicht an die Hand nehmen. Eine Botschaft können aber auch sie verstehen: Wenn sie nicht bald zur Vernunft kommen und vom Bürgerkrieg lassen, müssen sie auf die Hilfe der USA verzichten.