Filme, deren Handlung um einen alles entscheidenden Wettkampf kreist, finden sich zahlreich in der Kinogeschichte. Selten wird darum eine derart tiefgehende Geschichte gestrickt wie in William Wylers „Ben Hur“ (1959), wo ein römisches Quadrigarennen zur Verdichtung des Streits zwischen Despotie und Freiheitsgeist gerät. Meist zeigen einfacher angelegte Action-Streifen diverse Konflikte, die schließlich in einem bedeutsamen Rennen ihren Höhepunkt, ja ihren eigentlichen Sinn finden sollen. Genannt seien nur Rob Cohens „The Fast and the Furious“ (2001), der unlängst einen Nachfolger mit dem Titel „Tokyo Drift“ erhalten hat, oder Renny Harlins „Driven“ (2001) mit Burt Reynolds, Estella Warren und Til Schweiger in den Hauptrollen. Auch „Zaina – Königin der Pferde“ kann dieser Kategorie zugeordnet werden, wenngleich er nicht im derben Action-, sondern im süßlichen Märchen-Gewand daher kommt. Die Geschichte spielt in einem früheren Jahrhundert im marokkanischen Atlas-Gebirge. Die besten Reiter der Wüstenstämme treten auf edlen Vollblütern zum Pferderennen gegeneinander an, dem Agdal. Die junge Selma gewinnt als Mann verkleidet das Rennen. Dieser Bruch der Stammestradition führt dazu, daß ihr Mann Mustapha (Sami Bouajila) sie verstößt. Zwölf Jahre später kniet Selmas junge Tochter Zaina (Aziza Nadir) am Wüstengrab ihrer Mutter. Der reiche Omar (Simon Abkarian), Nebenbuhler des Nomaden Mustapha und ungeliebter Gönner Selmas, möchte, daß das Mädchen bei ihm aufwächst. Doch Zaina hegt tiefe Abneigung gegen den boshaften Mann. Plötzlich erscheint ihr Vater und nimmt seine Tochter an sich. In Begleitung Mustaphas und einiger Nomaden bricht Zaina in den Atlas auf. Ziel ist das berühmte Pferderennen in Marrakesch. Unterwegs sind sie mörderischen Attacken von Omar und dessen Gehilfen ausgesetzt, der das Mädchen zurückzuholen versucht. Langsam entwickelt Zaina Zutrauen zu ihrem Vater und lernt den Araberhengst Zingal perfekt zu reiten. Um ihren Vater zu retten und Omar davon zu überzeugen, daß sie als freie Frau nur sich selbst gehört, tritt sie – wie einst ihre Mutter als Mann verkleidet – im Pferderennen gegen Omar an. So wie „The Fast and the Furious“ geradezu maßgeschneidert ist für Fans getunter Spoiler-Karossen und illegaler Autorennen, dürfte „Zaina – Königin der Pferde“ vor allem deren Schwestern und Freundinnen beeindrucken. Statt im örtlichen Reiterhof können sich pferdevernarrte Mädchen hier in die wilde Wüstenlandschaft des Atlas-Gebirges hineinträumen, auf den Rücken eines feurigen Arabers. Hierzu hat die Kamera wirklich ausgesprochen schöne und eindrucksvolle Bilder der Nomaden in den Weiten der Wüste eingefangen. Die Jury der Filmbewertungsstelle Wiesbaden (FBW) zeichnete den Film mit dem Prädikat „besonders wertvoll“ aus. In der Begründung hieß es: „Die streng archaisch anmutende Geschichte wird flüssig und unprätentiös erzählt, ist mit glaubwürdigen Schauspielern gut und authentisch wirkend besetzt und verzichtet auf den ansonsten genreüblichen Kitsch.“ Derartige Bewertungen sind natürlich mit Vorsicht zu genießen. Tatsächlich agieren die Figuren doch recht stereotyp, und vieles an dieser schlichten Geschichte scheint reichlich konstruiert. Eine Besonderheit des in Marokko spielenden Films ist sicher sein Fanal für die Rechte der Frau. Freilich nur auf den ersten Blick – denn der Anschein, es handele sich um einen arabischen Streifen, trügt. Die Produktion ist eine deutsch-französische, beteiligt war das französische Kultusministerium. Die arabischstämmigen Schauspieler leben allesamt seit vielen Jahren in Frankreich. Regisseur Bourlem Guerdjou wurde als Sohn algerischer Einwanderer 1965 in Frankreich geboren. Der Geist dieses Films ist westlich, auch wenn er wie ein authentisches marokkanisches Abenteuer erscheinen mag. So bleibt nur eine ästhetisch kaum ansprechende, folkloristisch gefärbte Unterhaltung für pubertierende Mädchen, die ein wenig von Tausendundeiner Nacht tagträumen möchten.
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