Da der FC Bayern München seit Menschengedenken die Bundesliga dominiert, ist ihm nur selten die Gelegenheit geboten, sich als guter Verlierer zu erweisen. Das Interview mit seinem Torwarttrainer Sepp Maier, das am vergangenen Wochenende in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung zu lesen war, legt nun den Verdacht nahe, daß diese Tugend nicht unbedingt zur corporate identity des Rekordmeisterkonzerns von der Isar gehört. Für die Entscheidung von Jürgen Klinsmann, Oliver Kahn den Stammplatz im Tor der DFB-Auswahl zu nehmen, findet der Weltmeister von 1974 nur wenig konziliante Worte. Der Bundestrainer setze auf „Seilschaften“ und „Kumpeleien“, die den Münchner Bayern natürlich vollkommen fremd sind. Zudem sei Klinsmann ein „schwäbisches Dingsbums“ und ein „Schleimer“. Die Aussichten, mit Maiers Zögling Oliver Kahn während des WM-Turniers in seiner neuen Rolle als Ergänzungsspieler ein einvernehmliches Auskommen zu erzielen, sind für den DFB-Trainerstab dadurch nicht gerade gewachsen. Klinsmann & Co. müssen vielmehr damit rechnen, daß von der um Besserwisserei nicht verlegenen Nummer zwei im Tor dem restlichen Kader beständig der nagende Zweifel eingeflößt wird, ob man alles eigentlich nicht lieber hätte ganz anders angehen sollen. Allerdings scheinen die Bayern das Tischtuch zwischen sich und dem DFB-Teamchef, der ihnen bereits als Torjäger in ihren Diensten mit unbajuwarischem Hollywood-Glamour zur Last gefallen war, nicht ganz zerschneiden zu wollen. Im Raum steht das Angebot, durch die Nominierung des 35jährigen Edel-Jokers Mehmet Scholl für frischen Wind in der Nationalmannschaft zu sorgen. Sicherlich vermag er es, ein Spiel gegen Arminia Bielefeld alleine zu entscheiden, gegen Argentinien oder Brasilien könnte das aber vielleicht nicht so ganz gelingen. Klinsmann wäre aber sowieso schlecht beraten, wenn er auf den guten Willen der Bayern setzte und daher die Versöhnung suchte. Die Münchner – allen voran Manager Uli Hoeneß und Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge – sind mit der Gesamtsituation unzufrieden und hadern mit jedem, der ihnen über den Weg läuft: mit den Ligakonkurrenten, die zuviel Fernsehgelder einstreichen. Mit den ausländischen Spitzenclubs, die ungestraft Schuldenberge auftürmen dürfen, um sich die großen Stars leisten zu können. Und mit der FIFA, die durch Turniere den großen Reibach macht und den Vereinen nichts abgibt. Frieden mit den Bayern ist daher kaum erreichbar. Vielleicht setzt er sogar erst eine Europaliga voraus, in der sie sich nicht mehr dem tristen Alltag der Partien gegen Wolfsburg, Duisburg, Hannover oder Mainz stellen müssen.