Das zweimonatlich erscheinende Magazin Novo präsentiert sich als „Forum einer offenen intellektuellen Auseinandersetzung ohne Tabuisierung und Selbstzensur“. Man möchte „in einer Zeit der Risikoscheu und des Kulturpessimismus Analysen für Zukunftsdenker liefern“. Weil die öffentliche Meinung und die Medien ebenso wie das universitäre Milieu von „Anpaßlertum und Konformismus geprägt“ sind und „radikale Kritik an den gängigen Wahrnehmungsmustern entweder als interessanter ‚Hype‘ vereinnahmt oder als extremistische Position verunglimpft wird“, kämpft die Zeitschrift unverdrossen „gegen Zensur-, Verbots-, und Ausgrenzungsdenken, Overprotectionism und Verhaltensregulierung“. Überwunden werde müsse „ein Klima der Ängstlichkeit, dessen strukturell regressive Tendenz auf Reduktion der Erwartungen, auf mehr Kontrolle und Überwachung und mehr Regulierung der gesellschaftlichen Prozesse hinsteuert“. Das klingt zunächst ganz gut, aber als kritischer Rechts-Konservativer kann man sich bei der weiteren Lektüre dann doch nicht des Eindrucks erwehren, daß hier wieder einmal der offenbar unsterbliche „Paläo-Liberalismus“ seinem Grabe entsteigt. Die Behauptung, zwar „in einer konfliktreichen Welt, aber nicht in verschiedenen Kulturen, (sondern) in einer globalen Kultur (zu leben)“, ist wahrlich nichts anderes als politische Falschmünzerei und wird auch dadurch nicht besser, daß die Novo-Redakteurin Sabine Reul die Anpassung an die von ihr hochgelobte Globalisierung positiv als humanisierende Aktivität und Gestaltung verkauft. Den sogenannten Karikaturenstreit als „belanglose Auseinandersetzung“ und Huntingtons „Clash of Civilisations“ als „reaktionäre Phantasie des Kulturkampfs“ mißzuverstehen, ist angesichts der politisch-kulturellen Großkrise, in der wir uns befinden, von geradezu niederschmetternder Trivialität. In die gleiche Kerbe schlagen auch die meisten Beiträge zur hiesigen Energiediskussion, zur Leitkultur oder zu rigideren Einwanderungskriterien. In einer Zeit, in der vor allem auch unter ökologischen Gesichtspunkten alles nach Regulierung schreit, plädiert Novo für „aufklärende, universalistische Positionen“ und drischt munter auf von „ökologistischem Pathos und durch Angst vor Veränderung geprägtem Pessimismus“ ein. Da ist natürlich dann auch keine Rede von der durch die moderne Technik und die allgegenwärtige Globalisierung erleichterte Zerstörung von Natur und Heimat oder von der Unfähigkeit unserer vor der Wirklichkeit desertierenden politischen Klasse, die Technik politisch in den Griff zu bekommen und ihr Rasen zumindest zu verlangsamen bzw. zu reduzieren. Kritik dieser Art denunziert Novo gern als „latente Weltuntergangsstimmung“ und stimmt statt dessen das hohe Lied des „evolutionären Potentials einer freiheitlichen und zivilen Gesellschaftsvision“ an. Durch diese rosa Brille des Fortschrittsoptimismus läßt sich die Entformung der Geschichte und die Anonymisierung einer sich ständig zum Tode hin beschleunigenden, kapitalistischen Welt in der Tat nicht wahrnehmen. Alexander Horn Verlag. Postfach 60 08 43, 60338 Frankfurt. Der Einzelpreis beträgt 5 Euro, das Jahresabo kostet 28 Euro. Internet: www.novo-magazin.de
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