Dem Bund der Steuerzahler zufolge hat die Gesamtverschuldung der öffentlichen Haushalte unseres Landes am Morgen des 5. Mai die Marke von 1,5 Billionen Euro überschritten. In jeder Sekunde wächst sie weiter um 2.241 Euro. Die Verunsicherung, die dieses in allen Staaten zu beobachtende und daher keineswegs ungewöhnliche Phänomen dennoch auszulösen vermag, rührt daher, daß die meisten Menschen private und öffentliche Verschuldung nicht zu unterscheiden wissen. Gerade die Deutschen haben, hier ausnahmsweise noch ganz den „preußischen Tugenden“ verhaftet, Probleme damit, „über ihre Verhältnisse zu leben“. Die Amerikaner legen da mehr Gelassenheit an den Tag, ohne daß jemand behaupten könnte, ihnen wäre deshalb unwohler. Dabei müßte man gerade, wenn man die Verschuldung des Staates analog zu jener von Haushalten oder Unternehmen betrachtet, zu dem Schluß gelangen, daß eigentlich alles im Lot ist. Die öffentliche Hand hat, anders als so mancher Privatmann oder Betrieb, keine Schwierigkeiten, an Kredite zu gelangen. Die Finanzmärkte schätzen ihre Bonität unverändert hoch ein. Wäre sie in Frage gestellt, würde sich dies in Risikoaufschlägen auf die Verzinsung von Staatspapieren niederschlagen. Tatsächlich gelten sie aber weiterhin als „sichere“ Anlagen und bieten weniger Rendite als Investitionen im privaten Sektor. Im Unterschied zu Unternehmen oder Haushalten befindet sich der Staat in der günstigen Situation, daß er seine Finanzierung nicht allein durch freiwillig bereitgestellte, sondern auch durch zwangsweise erhobene Mittel sicherstellen kann. Beide Alternativen sind dabei als Enteignung anzusehen: Steuern schmälern den Besitzstand der heute Lebenden. Kredite, sofern sie zurückgezahlt und nicht unablässig refinanziert werden sollen, belasten die Generationen, die zum Fälligkeitstermin steuerpflichtig sind. Eine „Win-win-Situation“ träte dabei nur ein, wenn die Verschuldung dazu dienen würde, durch Investitionen künftige Generationen besserzustellen. Davon kann allerdings in der Bundesrepublik seit Jahrzehnten nicht mehr gesprochen werden. Da jede Regierung erst einmal die nächste Wahl gewinnen will, muß sie die Bürger von heute möglichst schonen. Finanzpolitisch schlüssig wäre es jedoch, gerade sie durch höhere Steuern zu belasten und die Bedienung der von ihnen gehaltenen öffentlichen Schuldverschreibungen einzustellen. Schließlich haben sie in der Vergangenheit durch ihre Stimme jene Ausgabenprogramme legitimiert, die den Staat zur Kreditaufnahme verleiteten.