Barry Seal galt unter Fachleuten als der wohl größte Drogenschmuggler der USA, gleichzeitig war er aber auch eine Schlüsselfigur der amerikanischen Geheimgeschichte und war als Chefpilot des unter dem Begriff „Iran-Contra-Connection“ bekannt gewordenen illegalen Waffen- und Drogenhandels einer der umtriebigsten CIA-Agenten. Seal war aktiv in streng geheime Operationen wie die Schweinebucht-Invasion, das Kennedy-Attentat und die Watergate-Affäre verwickelt, bevor er sich mit dem Medellín-Kartell zusammentat, um an den Drogen-Milliarden zu partizipieren. Als dabei einmal etwas schiefging und Seal „versehentlich“ inhaftiert wurde, kam er dank der Intervention des Oberstaatsanwalts von Arkansas und späteren US-Präsidenten Bill Clinton sofort wieder auf freien Fuß. In seinem Buch „Barry und die Boys“ ist der Journalist Daniel Hopsicker, der bereits zahllose Ungereimtheiten über die amerikanischen Helfer des WTC-Terroristen Mohammed Atta aufdeckte („Welcome to Terrorland“), den Spuren Seals gefolgt. Im French Quarter, der Altstadt von New Orleans, wo jahrelang dunkle Geschäfte blühten, traf er dabei auf David Dixon, der jahrelang als Seals Agentenführer fungierte. Dixon erklärt dem Autor nicht nur die Abgründe der geheimen Geschichte der USA – die tiefe Verbindung von Politik und Geheimdiensten mit dem organisierten Verbrechen -, sondern erhellt auch jene Schattenwelt des abenteuerlichen Lebens eines Agenten, der im Auftrag des Staates jahrzehntelang illegale Aktionen durchführte. Von den Mafia-Bossen, die ihre Casinos in Kuba zurückhaben wollen, über die Verschwörung zur Ermordung Kennedys bis zu dem Milliardengeschäften mit Drogen und Waffen – Barry und die Boys waren stets dabei. Bevor Seal schließlich von kolumbianischen Killern, die ein US-Militär zum Tatort fuhr, ermordet wurde, wollte ihn die Finanzbehörde wegen Steuerhinterziehung vor Gericht bringen. Seinen Entschluß zu erzählen, was er wußte, überlebte er nicht lange. Spannender als jeder Krimi läßt Hopsickers Buch in die realen Abgründe skrupelloser Machtpolitik blicken. Daniel Hopsicker: Barry und die Boys. Barry Seal, eine Schlüsselfigur der amerikanischen Geheimgeschichte. Zweitausendeins. Frankfurt 2005. 560 Seiten, broschiert, 16,90 Euro
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