Eines Tages hat das kommen müssen, ein Zusammenhang mit dem gegenwärtigen Wahlkampf in Deutschland ist nicht erkennbar. Britische Forscher der Universität Manchester haben jetzt in einem umfangreichen und langzeitigen Feldversuch festgestellt, daß der sogenannte Intelligenzquotient (IQ) bei Frauen fünf Punkte unter dem der Männer liegt. Mit Kommentaren hält man sich allseits wohlweislich zurück. Zu groß ist die Gefahr, daß man sich dadurch in korrekte Nesseln setzt.
In schlimmer Erinnerung ist noch das Schicksal der Londoner Professoren Hans-Jürgen Eysenck und Arthur Jensen, die einst den IQ diverser Ethnien untersuchten und dabei herauskriegten, daß die Ostasiaten (Chinesen, Japaner) die meisten Punkte auf sich versammeln konnten, die Afrikaner (Bantus, Zulus, Hamiten) hingegen am "schlechtesten" abschnitten. Eysenck und Jensen hatten danach keine ruhige Minute mehr. Ihre Vorlesungen wurden gesprengt, sie selbst persönlich bedroht, ihre Häuser von Dauerdemonstranten belagert.
Die IQ-Forschung steht quer zum gleichmacherischen Geist der "Moderne". In der ehemaligen Sowjetunion und ihren europäischen Satellitenstaaten, auch in der DDR, waren IQ-Forschung und der Einsatz von IQ-Tests bei Schulprüfungen oder Einstellungsgesprächen verboten. Hitler war gegen IQs, aber auch Theodor W. Adorno, Yehudi Menuhin und Nelson Mandela.
In der freien Wissenschaft blieb das Unternehmen IQ bis heute umstritten. Einerseits faszinierte die (scheinbare) Möglichkeit, ein wirkungsvolles, routinemäßig einsetzbares Instrument für optimale Erziehung in die Hand zu bekommen, andererseits stieß gerade die Routine der Tester viele feinere Geister ab. Die Intelligenz, so hieß und heißt es immer wieder, lasse sich nicht durch einige Formeln und Gleichungen glaubhaft vermessen. Wer so etwas betreibe, beweise selber einen Mangel an Intelligenz.
Was ist überhaupt Intelligenz? Läßt sie sich, wenn nicht messen, so wenigstens beschreiben? Den Erfindern des IQ im Amerika des frühen zwanzigsten Jahrhunderts schwebte als Intelligenzler-Ideal eine Art Additionskünstler und Abzählmeister vor, der im Nu eine Menge auf Heller und Pfennig zu berechnen verstand. Entsprechend organisierten sie ihre Tests und bauten ihre Statistiken auf. Probanden mit hohem IQ waren stets auch gut im Mathematikunterricht; daß sie in Deutsch und im Biologieunterricht oftmals durchfielen, interessierte nicht.
Demgegenüber machten die Kritiker geltend, daß es sehr viele sehr verschiedene Formen von intelligentem Verhalten gibt, nicht nur logisch-mathematisches. Howard Gardner identifizierte in seinem berühmten Buch über "Multiple Intelligenz" (1984) neben der logisch-mathematischen fünf weitere "Intelligenzen": die sprachliche, die musikalische, die körperlich-kinästhetische, die kommunikative und die "naturalistische", d.h. auf genaueste Naturbeobachtung geeichte. Erst die optimale Verbindung aller dieser Intelligenzen mache das wahrhaft intelligente, eben das "multiple" Individuum aus.
Pankraz würde dem voll zustimmen, würde zudem noch eine seiner Meinung nach höchst wichtige Primär-Intelligenz hinzufügen: die Fähigkeit zu lernen. Wirklich intelligent ist nur, wer zu lernen versteht. Wem dieses Lern-Gen nicht zur Verfügung steht, der ist arm dran, dem nützen letztlich auch die schönsten musikalischen oder kinästhetischen Gene nichts.
Bei aller Kritik an der IQ-Huberei sollte man nicht vergessen, daß ihr ein harter realistischer Kern innewohnt, die Einsicht nämlich, daß die Menschen, wie alle Lebewesen, unendlich verschieden voneinander sind. Kein Individuum, keine Rasse, kein Volk ist den anderen gleich, und das trifft natürlich auch auf die Geschlechter zu. Auch die Geschlechter unterscheiden sich wesentlich voneinander, nicht nur äußerlich, sondern auch ihrer Intelligenz-Ausstattung nach.
Insofern war der Feldversuch der britischen Forscher, den jeweiligen IQ von Mann und Frau betreffend, ein sinnvolles und nützliches Unternehmen, selbst wenn dabei noch der alte, "nicht-multiple" Intelligenzbegriff zugrunde gelegt wurde. Es kam heraus, was man schon vorher aufgrund schlichter Alltagsbeobachtung vermuten durfte und was zumindest die Volksweisheit und alle Dichter spontan wissen: Frauen denken anders, ihr "Intelligenzquotient" zeigt andere Werte an als der von Männern.
Sie sind offenbar weniger auf mathematisches Kalkül programmiert als auf körperlich-kinästhetische, kommunikative und naturalistische Logik. Wenn man ihnen voller Heimtücke einen komplizierten, vielgliedrigen Syllogismus vorsetzt, so versuchen sie gar nicht erst, ihn aufzulösen, sondern sie schieben ihn einfach beiseite und wenden sich den Tagesgeschäften zu. Kein Vernünftiger wird deshalb sagen, daß sie dümmer (oder klügere) seien als die Männer.
Gern wüßte Pankraz, wie es mit der Verteilung von musikalischer Intelligenz zwischen Mann und Frau bestellt ist. An sich erscheint die Musik ja als ein äußerst kinästhetisches und naturalistisches Medium, sie strotzt vor Sinnlichkeit und sieht selber wie ein Mädchen aus. Aber die Herstellung von Musik ist offenbar doch ein sehr kalkulierendes, hoch mathematisches Geschäft, und wohl deshalb gibt es so wenige weibliche Komponisten in der Geistesgeschichte. Eine Fanny Mendelssohn macht noch keinen Festspielsommer.
Übrigens: Das gute Regieren von Staaten, auch großen Staaten, hängt nicht von irgendeinem IQ ab. "Regieren kann jede beliebige Waschfrau", sagte schon vor hundert Jahren August Bebel, immerhin Mitbegründer der SPD und jahrzehntelang hochangesehenes Mitglied des deutschen Reichstags. Sein Wort in Gottes Ohr. Und jedem Regierenden ein glückliches Händchen.