Eingeschlagene Schädel, die man aus der Urzeit der Erdbesiedlung ausgegraben hat, belegen, daß bereits der Vormensch Mitglieder seiner eigenen Gattung getötet hat. Jenseits der strahlenden Geschichte der Sieger existiert eine dunkle Parallelüberlieferung. Dieser oft wenig bekannten Geschichte der Opfer, der Ermordeten hat sich der Historiker Hans Dollinger nun schon in mehreren Neuauflagen verschrieben. Seit dem dritten Jahrtausend vor Christus können Zeitzeugenberichte und historische Nachbetrachtungen als Quellen herangezogen werden, um zu dokumentieren, wie der Mensch immer wieder neue Argumente fand, andere Menschen grausam zu versklaven, zu foltern und zu massakrieren. Dollinger führt den Blick von den frühen Hochkulturen über das antike Rom zu den christlich deklarierten Ketzerverfolgungen und Hexenfolterungen des Mittelalters. Neuzeit und Gegenwart bis zu den Anschlägen vom 11. September 2001 werden, wenngleich bisweilen verkürzt, behandelt. Der Antisemitismus der Nationalsozialisten wird ebenso erwähnt wie der kommunistische Terror oder die Massaker der Hutus an den Tutsi in Afrika. Auch der Bombenkrieg gegen Deutschland und die Vertreibung bleiben nicht ausgespart. Einige Beispiele: Der Assyrerkönig Assurnassirpal II. brüstete sich damit, seine mesopotamischen Feinde lebendig einzumauern, Mauern mit ihrer Haut zu überziehen, sie zu pfählen und ihre Leiber als Girlanden zusammenzustellen. Der israelitische König David ließ das Volk der eroberten Stadt Rabba nach der Überlieferung zersägen und in Ziegelöfen verbrennen. Als die Römer Karthago eroberten, brannte die Stadt noch 17 Tage nach der Zerstörung. Constantius Chorus tötete in einer einzigen Schlacht 60.000 Alemannen. Ein mittelalterlicher Kreuzzug von 20.000 deutschen Kindern endete durch kriminelle Schleuser für die Mädchen in diversen Bordellen, für die Knaben in der Sklaverei. 1214 stürzten sich angeblich 60.000 chinesische Mädchen vor den Mauern Pekings in die Gräben, um nicht den mongolischen Reitern, die die Stadt eroberten, in die Hände zu fallen. Die Mongolen waren dafür berüchtigt, Vergnügen darin zu finden, ihren Feinden siedendes Silber in die Augen zu gießen und lange Nägel in die Ohren zu treiben. 1401 ließ der Herrscher Timur in Bagdad ein Siegesdenkmal aus 90.000 abgeschlagenen Köpfen von Gefangenen errichten. Ein Uniformierter der französischen Revolution berichtete von seinem Wüten gegen Revolutionsgegner in einem Gefängnis 1792: „Seit Stunden haue ich links und rechts Gliedmaßen ab, ich bin müder als ein Maurer, der seit zwei Tagen Gips rührt.“ Und die Engländer richteten 1858 indische Rebellen, indem sie sie einfach vor Kanonenrohre banden. Wer nach dieser erschütternden Auflistung jahrtausendelangen Hinschlachtens noch ernsthaft daran zweifelt, daß der Mensch je etwas anderes als des Menschen Wolf war, dem ist nicht zu helfen. Hans Dollinger: Schwarzbuch der Weltgeschichte. 5000 Jahre der Mensch des Menschen Feind. Komet Verlag, Köln 2003, 576 Seiten, gebunden, Abbildungen, 9,90 Euro
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